Grundfesten der Mikroelektronik nach Dr. Karl-Heinz Niklowitz in JUGEND + TECHNIK Heft 9/1981 history menue
Schaltkreise - das ist ein Begriff, den heute viele im Munde führen. Schon weniger werden wissen, wie ein Schaltkreis entsteht, noch weniger, wie er funktioniert.
In einer Zeitgin der wir uns die Mikroelektronik im Beruf wie im Alltag zunehmend nutzbar machen, praktisch zu modernen Heinzelmännchen, in einer solchen Zeit sollte jeder mehr über diese Technik wissen. In einer Folge von Beiträgen wollen wir deshalb die Technologie der Mikroelektronik beschreiben.

Integrierte Schaltkreise

Logo für die Mikroelektronik

inhaltlich auf korrektem Stand - evtl. partiell unvollständig ;-)

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Wie kam es zur Mikroelektronik?

Einer der wichtigsten Fixpunkte in der Geschichte der Elektronik liegt im Jahre 1959. Fachleute kennzeichnen die Geschichte der Elektronik bis dahin einerseits als eine Entwicklung und Vervollkommnung elektronischer Bauelemente (wie Widerstände, Kondensatoren, Elektronenröhren, Dioden, Transistoren usw.) und andererseits als deren Kombination zu elektronischen Schaltungen mit mehr oder minder komplexen Funktionen. Diese Technologie des Vereinigens einzelner hergestellter Bauelemente zu einer elektronischen Schaltung stieß aber an technische und ökonomische Grenzen: der ökonomische Aufwand war sehr groß; schier unüberwindbar gewordene Zuverlässigkeitsprobleme der elektronischen Schaltungen traten auf; der Energieaufwand lag unvertretbar hoch; der Raumbedarf war für komplizierte Schaltungen beträchtlich.
Mit Hilfe des Transistors konnten zwar wichtige Fortschritte erreicht werden (Zuverlässigkeit, Leistungsverbrauch, Miniaturisierung), aber erst die so genannte Silizium-Planartechnologie brachte 1958 den entscheidenden Durchbruch. Anstelle eines einzelnen Transistors konnte man nun mehrere Bauelemente gleichzeitig in einem Stück Halbleitermaterial unterbringen.

Mussten anfangs die auf einer Siliziumscheibe bereits gemeinsam hergestellten Einzeltransistoren nachträglich vereinzelt und auch getrennt in Einzelgehäusen montiert werden, erwies sich bald, dass es viel rationeller ist, eine Anzahl von Transistoren, aber auch die in gleichen Arbeitsschritten hergestellten Widerstände, bereits auf der Siliziumscheibe leitend zu verbinden und als komplette Baugruppe in einem Gehäuse zu montieren. Die moderne Halbleitertechnologie entsprach am besten diesem Grundanliegen der Mikroelektronik, mehrere Schaltelemente auf oder in, einem gemeinsamen Trägerkörper zusammenzuschalten. Die Transistoren konnten kleiner ausgeführt werden, während sich die Zahl der Arbeitsgänge nur unmaßgeblich erhöhte.
  • in der weiteren Entwicklung stieg die Anzahl der Transistoren und damit der Integrationsgrad auf einem Siliziumchip
  • der Preis für den Einzeltransistor konnte erheblich vermindert werden. Da die Transistoren eines Chips schon untereinander verbunden sind, ist nur noch eine geringe Zahl von äußeren Verbindungsleitungen nötig
  • auch die Zuverlässigkeit elektronischer Baugruppen wurden beträchtlich gesteigert

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Kleine Rundfunkempfänger wie Taschenradios sind heute schon ein gewohnter Anblick. Dagegen ruft der Taschenrechner doch immer noch Erstaunen hervor: Die räumlichen Abmessungen sind im Vergleich zu einer mechanischen Rechenmaschine erheblich geringer, und das Ergebnis der Rechnung liegt
blitzschnell vor, obwohl ein Rechenbefehl durch eine große Zahl logischer Abläufe ausgeführt werden muss. Ein Erfolg der Halbleiterelektronik, die geringe Ströme durch sehr kleine Bauelemente überraschend schnell steuern kann und so diese ungeheure Rechengeschwindigkeit ermöglicht.
6 x 6 mm „groß" ist der Schaltkreis auf diesem Foto tatsächlich. Er enthält mehrere zehntausend Bauelemente und zählt damit zu den hoch integrierten Schaltkreisen (LSI-Technik).

Entwicklung der Zahl der Transistorfunktionen je Chip

Kostenabnahme je Transistorfunktion und Ablösung älterer Technologien

 

Kleine Beimengungen mit großen Auswirkungen

Geringe Zusätze verändern in einem reinen Silizium-Einkristall (Mindestreinheit heute: 99,9999 Prozent) stark die elektrische Leitfähigkeit und auch den Leitmechanismus. Beigemengte 5-wertige Elemente wie Phosphor führen zu einem Überschuss an freibeweglichen Elektronen, dagegen 3-wertige Elemente wie Bor zu einem Mangel. Fehlende Elektronen bilden dann so genannte Löcher (Defektelektronen), die sich aber wie freibewegliche positive Ladungsträger verhalten. Das Zusetzen von Fremdstoffen wird Dotieren genannt. So sind in einem n-dotierten Halbleiter die negativen Ladungsträger stark in der Überzahl (Majoritätsladungsträger) gegenüber den Löchern (Minoritätsladungsträger). Dagegen befinden sich in einem p-dotierten Halbleiter weitaus mehr positive Ladungsträger (Majoritätsladungsträger) als negative.
Ventile für den Strom Wenn p- und n-leitender Halbleiter unmittelbar aneinander grenzen, entsteht ein so genannter pn-Übergang. Der einfache pn-Übergang vom p- zum n-dotierten Silizium stellt eine Diode dar, gewissermaßen ein „elektrisches Ventil", das den Stromfluss nur in einer Richtung gestattet (Abb. 2.). Wird der positive Pol einer Spannungsquelle an den n-dotierten Halbleiter und der negative Pol an den p-dotierten Halbleiter angelegt, so werden die negativen Ladungsträger (Elektronen) vom positiven Pol und die positiven (Löcher) vom negativen Pol angezogen. Am pn-Übergang entsteht eine ladungsträgerverarmte Sperrschicht, durch die nur ein sehr geringer Strom, der Sperrstrom fließen kann. Dagegen werden bei der umgekehrten Polarität der Spannungsquelle die Ladungsträger durch Abstoßung zur Grenzfläche hingetrieben. Die Ladungsträger gleichen dort ihre entgegen gesetzte Ladung aus: die Elektronen füllen die ihnen entgegenkommenden Löcher auf. So ist ein ständiger Stromfluß möglich. Schon beim Überschreiten der so genannten Flussspannung von 0,7 V steigt der Strom durch die Diode rasch an.
Ströme steuern Ströme Mit zwei pn-Übergängen kann sogar die Steuerung des Stromes durch einen weiteren Stromkreis erreicht werden. Zwei eng benachbarte Übergänge bilden einen Bipolartransistor, der aus drei Bereichen besteht: Emitter, Basis und Kollektor. Emitter und Kollektor sind dabei gleichdotiert, die Basis jedoch entgegengesetzt (npn- oder pnp-Transistor). Die Grenze von Emitter und Basis bildet somit den ersten pn-Übergang und die zwischen Basis und Kollektor den zweiten. Die dadurch entstehenden zwei Dioden haben eine entgegen gesetzte Durchflussrichtung.
Die Basis-Kollektor-Diode wird immer in Sperrichtung gepolt (Abb.3a). Ein Stromfluss durch den Transistor ist zunächst nicht möglich. Wird jedoch nun die benachbarte Emitter-Basis-Diode in Durchlassrichtung gepolt, so gelangen bei einer geringen Basisdicke fast alle Ladungsträger, die vom Emitter den Basisraum erreichen, auch zur Sperrschicht der Basis-Kollektor-Diode. Dort werden sie vom Kollektor abgesaugt. Die Sperrwirkung hat für diese Ladungsträger keine Bedeutung, da ja zum Beispiel beim npn-Transistor (Abb.3a) negative Elektronen in den Basisraum gelangen, die vom positiv vorgespannten Kollektor angezogen werden. Der Transistor wird so durchgehend leitfähig. Der Emitterstrom setzt sich fast vollständig als Kollektorstrom fort und unterscheidet sich auch in der Größe nur wenig davon. Der Kollektorstrom ist demnach durch den Emitterstrom bestimmt. Die Höhe des Emitterstromes wiederum hängt vom Wert der Emitter-Basis Spannung ab.

Stromlose Steuerung von Strömen

Ein auf die mittlere Zone (bisher Basis genannt) einwirkendes Feld kann sogar den Leitungsmechanismus ändern und damit durch eine Steuerung des Stromes durch den Transistor ermöglichen (Abb. 4). Der die Wirkung eines elektrischen Feldes nutzende Feld-Effekt-Transistor (FET) besitzt ebenfalls zwei gegeneinander gerichtete pn-Übergänge. Da bei jeder Polung der Spannungsquelle immer ein pn-Übergang als Sperrschicht wirkt, kann zunächst kein Strom fließen. Die als Metallschicht aufgebaute Steuerelektrode G ist durch eine Oxidschicht vom Silizium isoliert. Daher der Name: Metall-Oxid-Silizium-FET = MOSFET.
Liegt der positive Pol der Spannungsquelle an der Steuerelektrode, so verdrängt das entstehende Feld die positiven Löcher des p-dotierten Halbleiters ins Innere und zieht die in der Minderheit auch noch vorhandenen Elektronen an die Oberfläche. Im Anreicherungsgebiet bildet sich ein durch die überschüssigen Elektronen hervorgerufener n-leitender Kanal. Der Strom braucht dann keinen pn-Übergang mehr zu überqueren, und der Transistor wird dadurch leitend. Diese Art des Feldeffekt-Transistors nennt man einen n-Kanal-MOSFET vom Anreicherungstyp. Ein Vorteil des MOSFET ist der durch die isolierte Steuerelektrode erreichte hohe Eingangswiderstand, der eine fast leistungslose Steuerung ermöglicht. In einer n-dotierten Zone kann man auch Löcher zu einem p-Kanal anreichern lasse Der umgekehrt aufgebaute Transistor bildet dann einen p-Kanal-MOSFET vom Anreicherungstyp. Daher wird hier der Transistor durch eine negativ vorgespannte Steuerelektrode leitfähig. Darüber hinaus gibt e noch weitere Arten von Feld-Effekt-Transistoren, die aber hie nicht erläutert werden sollen.

Schaltungen können logisch kombinieren

Das Verhalten der logischen Schaltungen lässt sich an einem einfachen Beispiel erläutern (Abb.5). Aus Sicherheitsgründe soll am Ausgang A eine Lampe erst dann verlöschen, wenn neben einem Eingangsschalter Ei auch noch bewusst ein weiterer Schalter EZ betätigt wird. Es bietet sich eine wenig aufwendige Lösung durch eine Parallelschaltung von zwei Ausschaltern an. Elektronische Schaltungen können sehr komplizierte Verknüpfungen ausführen, besitzen durch ihre Kleinheit u Schnelligkeit große Vorteile gegenüber mechanischen Kontakten, sind jedoch unanschaulicher. Der logische Ablauf lässt sich an den Schaltern besser verfolgen. Wenn wir beide Schalter E, Und EZ betätigen müssen, um am Ausgang A ein Wirkung zu erzielen, und nicht nur einen einzigen Schalter, so handelt es sich um eine logisch UND-Verknüpfung. Anderseits soll dadurch aber die Lampe verlöschen und nicht eingeschaltet werden. Es ist also eine kombinierte UND-NICHT-Verknüpfung (NAND) nötig.

Logische Schaltung mit Halbleitern

Die gleiche logische Verknüpfung wird auch durch eine Dioden-Transistor-Schaltung ermöglicht (Abb.6), die die Parallelschaltung, n. der Ausschalter ersetzt. Die Basis des Transistors ist über den Widerstand Ri mit dem positiven Pol der Spannungsquelle verbunden. So liegt bei geöffneten Schaltern an der Basis ein positi ves Potential und der Transistor s ist leitend. Dadurch fällt am Transistor fast keine Spannung r ab, und die Lampe am Ausgang kann nicht leuchten. Wird anderseits auch nur ein Schalter geschlossen, so liegt über der Basis-Emitter-Diode keine Spannung mehr, der Transistor sperre und der Strom fließt jetzt über die Lampe. Ein Vorteil dieser Schaltung ist, dass durch die n Sperrwirkung der Dioden bei positiven Eingangssignalen die Eingänge rückwirkungsfrei miteinander verknüpft werden _ können. Aber sie lässt sich auch noch verbessern!

Weniger Aufwand

Der Herstellungsaufwand für die Eingangsdioden kann vermindert werden, wenn man diese durch d die Emitter-Basis-Dioden eines Vielfachemitter-Transistor ersetzt (Abb. 7). So sind zwei bis acht Eingänge am ersten Transistor möglich. Die zum zweiten Transistor führende und zum Potentialversatz notwendige Diode wird durch die Basis-Kollektore Diode des Vielfachemitter-Transistors gebildet. Eine anschließende Ausgangsstufe ermöglicht er eine höhere Belastbarkeit. Das ist der Aufbau der Grundschaltung der TTL-Schaltkreise (Transistor- Transistor-Logik). Transistor-Logik). Diese älteste Technologie der Mikroelektronik bietet Vorteile hinsichtlich hoher Schaltgeschwindigkeiten und niedriger Versorgungsspannung. Dem gegenüber stehen relativ niedrige Packungsdichte, geringen Störabstand und relativ hoher Strombedarf. Anwendungsgebiete der TTL-Schaltkreise sind Rechnerlogik, spezielle logische Schaltungen, zum Beispiel schnelle Zählschaltungen, u. a.

Verringerte Verlustleistung

Feldeffekttransistoren sind hochohmiger und haben damit geringere Verlustleistungen. Die hohen Eingangswiderstände gestatten ein unmittelbares Zusammenschalten der Transistoren. Weitere Widerstände und Dioden werden nicht benötigt. Die Struktur der Grundschaltung ist daher sehr einfach. MOS-Transistoren können besonders klein hergestellt werden. Das ermöglicht hohe Packungsdichten bei niedrigen Kosten je Schaltfunktion. Durch die isolierte Steuerelektrode arbeiten die MOS-Feldeffekt-Transistoren rückwirkungsfrei. Sie werden wie Schalter miteinander verknüpft (Abb. 8). Als Einschalter wirken sie zusammen mit einem Widerstand wie eine NAND-Schaltung. Statt des eine größere Fläche beanspruchenden Widerstandes ist es ökonomischer, einen Transistor als Lasttransistor einzusetzen (T 1 in Abb.8).
Man unterscheidet p-Kanal- und n-Kanal-MOS-Technologie sowie weitere Modifikationen. Ohne diese Technologie wäre die moderne Mikroelektronik kaum denkbar. Der technologische Aufwand liegt im allgemeinen niedriger als für die TTL-Technologie. MOS-Schaltkreise sind zwar relativ langsam, haben aber dafür eine hohe Störsicherheit. Anwendungsgebiete sind Speicher, Mikroprozessoren, Sensortastenautomatiken, Taschenrechnerschaltkreise usw.
Noch weniger Leistung Noch günstiger ist es, den Lasttransistor ebenfalls zu schalten (Abb. 9). Er wird im gegenteiligen Sinne wie die Verknüpfungsschaltung gesteuert. Ist die
Verknüpfungsschaltung leitend, dann ist die Lastschaltung gesperrt und umgekehrt. Die beiden Schaltungszweige arbeiten komplementär. Daher wird diese Schaltungstechnik CMOS-Technik genannt. Das Ausgangssignal entspricht der Logik der Verknüpfungsschaltung mit einfachem Lasttransistor. Der Stromverbrauch ist aber wesentlich geringer. Im geschalteten Zustand ist entweder die Verknüpfungs- oder die Lastschaltung gesperrt, so dass kaum ein Strom fließt. Es tritt nur während des Schaltens eine Stromspitze auf. Diese Schaltkreise eignen sich wegen des geringen Stromverbrauchs besonders für tragbare Geräte, zum Beispiel für Uhrenschaltkreise. Durch die etwas größere Zahl von Transistoren ist der Platzbedarf höher. Im Schaltkreis werden sowohl n-Kanal- als auch p-Kanal-Transistoren benötigt. Die kompliziertere Ausführung der CMOS-Schaltkreise erfordert eine größere Anzahl von Prozessschritten und wird damit kostenaufwendiger als MOS-Schaltkreise.
Mikroelektronische Bauelemente werden nach unterschiedlichen Basistechnologien hergestellt. Neben den hier erwähnten sind I2L und CCD noch wichtige Vertreter. Die Vielfalt der Technologien entstand aus den mannigfaltigen Anforderungen an die elektronischen Bauelemente, die technisch schwer realisierbar waren. Eine wichtige Aufgabe der nächsten Zeit besteht darin, neue Basistechnologien für höchstintegrierte Schaltkreise zu entwickeln, das sind Schaltkreise die heute schon mehr als 100000 Bauelemente enthalten.

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© Samuel-von-Pufendorf-Gymnasium Flöha © Frank Rost im Mai 2004

... dieser Text wurde nach den Regeln irgendeiner Rechtschreibreform verfasst - ich hab' irgendwann einmal beschlossen, an diesem Zirkus nicht mehr teilzunehmen ;-)

„Dieses Land braucht eine Steuerreform, dieses Land braucht eine Rentenreform - wir schreiben Schiffahrt mit drei „f“!“

Diddi Hallervorden, dt. Komiker und Kabarettist

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