Der Geheimschreiber T52 von Siemens & Halske history menue Letztmalig dran rumgefummelt: 08.01.18 18:21:42

Durch die allseits bekannte Geschichte der Enigma wird oft übersehen, dass die Deutschen im Zweiten Weltkrieg noch weitere interessante Verschlüsselungsmaschinen einsetzten. Die bekannteste davon ist der Geheimschreiber T52 von Siemens & Halske. Bei diesem Gerät handelt es sich zweifellos um ein elektromechanisches Meisterwerk, das unweigerlich den Gedanken an die vielgepriesene deutsche Wertarbeit aufkommen lässt. Kein Wunder, dass die Nazis dem Geheimschreiber Nachrichten von höchster Bedeutung anvertrauten - und sich dabei einmal mehr gehörig verschätzten. Denn die Sicherheit dieses beeindruckenden Geräts ließ zunächst so stark zu wünschen übrig, dass man den Geheimschreiber in seiner ersten Version als eine der schwächsten Verschlüsselungsmaschinen des Zweiten Weltkriegs bezeichnen muss. So wurde das elektromechanische Wunderwerk schließlich zu einer willkommenen Beute für einen schwedischen Dechiffrierer, der die Verschlüsselungen des Geräts scheinbar mühelos knackte. Die zahlreichen Fehlschläge in der deutschen Krypto-Geschichte hatten eine weitere Fortsetzung gefunden.
  1. Der Geheimschreiber der Firma Siemens & Halske
  2. Politisch-hitorische Bedeutung des "Geheimschreibers"
  3. Sturgeon - der Stör
  4. Funktionsprinzip der T52
  5. Programme für die T52
  6.Das Dechiffrieren der T52a/b-Codes durch die Schweden
  7. Web-Links zum Geheimschreiber
  8. Verwandte Themen

Chiffriermaschinen sowie -verfahren während des II. Weltkrieges

Geheimschreiber T52

inhaltlich auf korrektem Stand - evtl. partiell unvollständig ;-)

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Quellen:


1. Der Geheimschreiber der Firma Siemens & Halske history menue scroll up

Wie fast alle Verschlüsselungsgeräte ist auch der Geheimschreiber eng mit der Kommunikationstechnik seiner Zeit verknüpft. Diese kannte neben Morse-Funksprüchen, für deren Verschlüsselung die Deutschen meist die Enigma einsetzten, längst auch den Fernschreiber. Bei einem Fernschreiben werden die Buchstaben des Alphabets auf elektromechanische Weise gemäß dem so genannten Baudot-Code in fünfstellige Binärzahlen kodiert und als solche per Fernmeldeleitung oder Funk übertragen. Da sich mit fünf Binärziffern nur 32 unterschiedliche Kombinationen bilden lassen, sieht der Baudot-Code zwei Modi vor: einen für Buchstaben sowie einen für Zahlen und Satzzeichen. Von den 32 Kombinationen werden zwei für die Ankündigung des jeweiligen Modus verwendet.
Zu den führenden Anbietern von Fernschreibern gehörte in den dreißiger Jahren die Firma Siemens & Halske, die später in der Siemens AG aufging. 1929 begann das Unternehmen mit der Entwicklung eines Fernschreibers, der Nachrichten nicht nur übertragen, sondern auch verschlüsseln konnte, und nannte ihn »T52«. Heute wird dieses Gerät, von dem 1932 das erste Exemplar fertiggestellt wurde, meist »Geheimschreiber« genannt, obwohl dies nie eine offizielle Bezeichnung war. Als eine der wenigen Verschlüsselungsmaschinen ihrer Zeit vereinte der Geheimschreiber Verschlüsselung und Nachrichtenübertragung in einem Gerät, was auch die Größe und das erhebliche Gewicht des Apparats erklärt. Allein schon durch seine Ausmaße ist ein Geheimschreiber heute ein Prunkstück in jeder Sammlung von Verschlüsselungsmaschinen.
Vernam-Chiffre Baudot-Code Colossus Codewandler

Vernam, Gilbert

Baudot-Code

Original-Lochstreifen von Colossus aus 2012

Baudot/Murray-Code-Wandler

 
 


2. Politisch-historische Bedeutung der T52 history menue scroll up

Wie bei der Enigma bildeten auch beim Geheimschreiber diverse Rotoren das Herzstück der Verschlüsselungsmechanik. Diese Tatsache könnte zur Vermutung verleiten, dass die Funktionsweise des Geheimschreibers derjenigen der Enigma ähnelte und das Gerät daher zu den Rotor-Verschlüsselungsmaschinen zu zählen ist (siehe »Verdrahtete Rotoren« (S. 105)). Dies ist jedoch nicht der Fall. Bei den Rotoren des Geheimschreibers handelte es sich nämlich nicht um verdrahtete Scheiben, sondern um unregelmäßig gezahnte Räder, von denen zehn Stück vorhanden waren. Ihre Anfangsstellung diente als Schlüssel. Die Räder, die sich bei jeder Eingabe eines Buchstabens bewegten, bildeten ein Zufallsmuster und realisierten damit eine Art One-Time-Pad-Verschlüsselung (siehe »Würmer aus Zahlen« (S. 165)) mit einer zusätzlichen Vertauschung der Binärziffern.
Siemens & Halske ließ den Geheimschreiber patentieren und bot ihn ab 1932 im In- und Ausland zum Verkauf an. Vermutlich fand sich jedoch kein Kunde. Ab 1934 war kein freier Verkauf mehr zulässig, da die deutschen Behörden das Gerät unter Geheimschutz stellten. Die Nutzung des Geheimschreibers war nun dem deutschen Militär und anderen staatlichen Stellen vorbehalten.
Im Vergleich zur Enigma wurden vom Geheimschreiber deutlich weniger Exemplare hergestellt - gemäß waren es zwischen 600 und 1.200. Dies lag daran, dass die schweren und empfindlichen Fernschreiber - erst recht mit einer zusätzlichen Verschlüsselungsmaschine - für den Einsatz im Feld nicht geeignet waren. Daher kam der Geheimschreiber vor allem in der Diplomatie und in den höheren Hierarchie-Ebenen des Militärs zum Einsatz. Man kann das Gerät von Siemens & Halske als Verschlüsselungslösung betrachten, die die Lücke zwischen der im Feld gebräuchlichen Enigma und der auf allerhöchster Ebene eingesetzten Lorenz-Maschine schloss. In jedem Fall enthielten mit dem Geheimschreiber verschlüsselte Nachrichten häufig Informationen von höchster Bedeutung, die die Kriegsgegner nur allzu gern mitgelesen hätten.
Die ersten beiden Geheimschreiber-Versionen - sie unterschieden sich kryptologisch nicht - hießen T52a und T52b. Die Sicherheit dieser Maschinen wurde der Brisanz der damit verschlüsselten Botschaften jedoch nicht gerecht. Vor allem die Tatsache, dass sich die Zahnung der Räder nicht ändern ließ (bei anderen Maschinen dieser Art konnte man jeden Zahn einzeln deaktivieren), entsprach schon damals nicht mehr dem Stand der Technik. Dies war den Kryptologie-Experten des Auswärtigen Amts bereits Anfang der dreißiger Jahre aufgefallen, weshalb sie den Kauf derartiger Geräte ablehnten. Auch Erich Hüttenhain vom OKW/Chi, der wohl bedeutendste deutsche Codeknacker seiner Zeit, soll bei seiner Analyse des Geheimschreibers schnell Sicherheitslücken gefunden haben. Allerdings gab es im Dritten Reich nicht weniger als elf voneinander unabhängige Chiffrierbehörden, die sich ihr Wissen teilweise vorenthielten, und so fand der Geheimschreiber in der Marine und im Heer trotz aller Mängel Verwendung.
Die Briten, die in Bletchley Park bei London mit industriellen Methoden der Enigma zu Leibe rückten, schlugen aus den Schwächen des Geheimschreibers jedoch kein größeres Kapital. Zwar stießen die dortigen Dechiffrierer bei der Analyse deutscher Nachrichten ab und zu auf eine Verschlüsselung, die sie als »Sturgeon« bezeichneten und die, wie wir heute wissen, vom Geheimschreiber stammte. Es gelang ihnen in Einzelfällen auch tatsächlich, diese Botschaften zu entschlüsseln, wenn die Deutschen beim Verschlüsseln geschlampt hatten. Von einer routinemäßigen Dechiffrierung konnte jedoch keine Rede sein. Dieser Umstand war vor allem darauf zurückzuführen, dass die meisten Fernschreiben in Deutschland zu dieser Zeit über Draht und nicht etwa per Funk übermittelt wurden. An diese Nachrichten kamen die Briten nur schlecht heran, was die Zahl der Nachrichten, die den Weg nach Bletchley Park fanden, in engen Grenzen hielt. Die britischen Dechiffrierer konzentrierten ihre Kräfte daher offensichtlich lieber auf die Enigma und die Lorenz-Maschine, wo sie beachtliche Erfolge erzielen konnten.


3. Sturgeon - der Stör history menue scroll up
Beurling ließ von einem Mechaniker umgehend ein Gerät bauen, das die Funktionsweise des Geheimschreibers simulierte. Von einem mechanischen Wunderwerk konnte angesichts des Krachs, den die unförmige Maschine produzierte, zwar keine Rede sein, doch sie tat ihren Dienst. So mussten die schwedischen Dechiffrierer nur noch die Suche nach dem Schlüssel von Hand erledigen, was sie in der Regel innerhalb von Stunden schafften. Da die Deutschen einen Teil des Schlüssels täglich um Mitternacht wechselten, arbeiteten die schwedischen Codeknacker regelmäßig nachts und konnten bei Tagesanbruch ihren Vorgesetzten meist schon die Ermittlung des aktuellen Schlüssels vermelden. Neben den Schwächen des Geheimschreibers kamen den Schweden auch die Fehler der Deutschen im Umgang mit dem Gerät zu Gute. Es gibt so gut wie keinen Dechiffrierungs-Erfolg in der jüngeren Geschichte der Kryptologie, bei dem dieser Aspekt keine Rolle spielte. Fairerweise muss jedoch auch erwähnt werden, dass die Übertragung von Fernschreiben über größere Distanzen seinerzeit noch mit allerlei Problemen verbunden war. Immer wieder kam es beispielsweise vor, dass die Verbindung abbrach und der Sender seine Nachricht erneut verschicken musste. In einem solchen Fall machten viele Funker Gebrauch von einer Vorrichtung des Geheimschreibers, die die Räder auf eine zuvor gewählte Anfangsstellung zurücksetzten. So passierte es immer wieder, dass eine Nachricht zweimal mit dem gleichen Schlüssel verschlüsselt wurde, obwohl dies streng verboten war. Da die beiden Nachrichten - etwa durch Tippfehler - nie völlig identisch waren, ergaben sich wichtige Ansatzpunkte für die Dechiffrierer.

Den Deutschen wurde außerdem zum Verhängnis, dass die damaligen schlechten Fernmeldeverbindungen immer wieder für die fehlerhafte Übertragung einzelner Buchstaben sorgten. Besonders problematisch war dies, wenn die Empfängermaschine eines der beiden Zeichen zur Festlegung des Modus falsch empfing. Dann nämlich interpretierte sie auch alle folgenden Signale falsch und lieferte nur noch einen unverständlichen Zeichensalat. Die deutschen Funker reagierten auf dieses Problem, indem sie jedem Leerzeichen das aktuelle Moduszeichen voranstellten. Dadurch konnten sie zwar tatsächlich die Fehlerrate senken, doch ihre Texte enthielten nun ein ständig wiederkehrendes Muster. Arne Beurlings zweiwöchige Analysearbeit, an deren Ende die komplette Rekonstruktion des Geheimschreibers stand, stützte sich unter anderem auf diese Beobachtung.
Als weiterer Vorteil für die Schweden erwiesen sich die immer wieder gleich lautenden Anfänge der Nachrichten. Immerhin erkannten die Deutschen dieses Problem und schrieben ihren Funkern den Einsatz so genannter Wahlwörter vor. Ein Wahlwort war ein beliebiges Wort, das der Bediener eines Geheimschreibers einer Nachricht voranstellen musste. Die an sich richtige Idee brachte jedoch nicht den gewünschten Erfolg. So stießen die schwedischen Dechiffrierer immer wieder auf Botschaften, die mit dem Wort SONNENSCHEIN begannen. Vermutlich hatten die deutschen Verschlüsselungsexperten ihren Funkern dieses Wort als Beispiel genannt, woraufhin diese nicht kreativ genug waren, sich etwas eigenes auszudenken. Als weiteres Wahlwort tauchte regelmäßig MONDSCHEIN auf.


4. Funktionsweise der T52 - Geheimschreiber history menue scroll up

Der Geheimschreiber verschlüsselte Buchstaben, die im so genannten Baudot-Code bereitgestellt wurden. Der Baudot-Code sieht für jeden Buchstaben und für einige weitere Zeichen je eine fünfstellige Binärzahl vor. So steht etwa 11000 für A, 10011 für B und 01110 für C. Bei einem Geheimschreiber-Verschlüsselungsvorgang spielt die aus der mathematischen Logik stammende Exklusiv-oder-Verknüpfung eine wichtige Rolle, die zwei einstellige Binärzahlen miteinander verknüpft. Sie wird mit einem eingekreisten Plus-Zeichen notiert. Die Exklusiv-oder-Verknüpfung liefert das Ergebnis 1, wenn die beiden Eingaben verschieden sind, und 0, wenn sie gleich sind.

die unregelmäßig gezahnten Räder der T52

Der Geheimschreiber arbeitete mit unregelmäßig gezahnten Rädern. Abbildung links zeigt eine deutlich vereinfachte Variante mit fünf Rädern, die mit 2, 3, 4, 5 und 6 Zahnpositionen ausgestattet sind. Die jeweils unterste Position wird als »aktive Position« bezeichnet. An einigen der Positionen ist ein Zahn vorhanden (entspricht dem Wert 1), an anderen fehlt er (entspricht dem Wert 0). Der zu verschlüsselnde Buchstabe wird im Baudot-Code über fünf Drähte von links eingegeben, wobei der Wert 1 einem Stromfluss entspricht. In der Abbildung handelt es sich um den Buchstaben A (11000). Wie in der Abbildung ersichtlich, wird jede der fünf Baudot-Ziffern mit dem Wert der jeweils aktiven Zahnposition eines Rads exklusiv-oder-verknüpft. Das Ergebnis der Verschlüsselung lautet in diesem Fall 11110, was dem Buchstaben K entspricht. Nach Eingabe eines Buchstabens dreht sich jedes der fünf Räder um eine Zahnposition.
Nebenstehende Abbildung zeigt den Aufbau des Geheimschreibers in der Variante T52a/b. Das Gerät arbeitete mit zehn unregelmäßig gezahnten Rädern, die 47, 53, 59, 61, 64, 65, 67, 69, 71 und 73 Zahnpositionen besaßen. Mit jeder Buchstabeneingabe drehte sich jedes Rad um eine Position. Die Anfangsstellung der Räder bildete den Schlüssel - es gab also 47 x 53 x 59 x 61 x 64 x 65 x 67 x 69 x 71 x 73 und damit über 1021 verschiedene Möglichkeiten.
Wie aus der Abbildung ersichtlich, wurden fünf der Räder des Geheimschreibers per Exklusiv-ODER-Verknüpfung mit dem eingegebenen Baudot-Buchstaben verbunden (in diesem Fall 00011, was dem O entspricht). Die verbleibenden fünf Räder steuerten jeweils einen speziellen Schalter, der zwei Eingänge besaß. Beim Wert 0 wurden die eingehenden Leitungen ungeändert durchgeschaltet, beim Wert 1 wurden sie gekreuzt. Im Beispiel lautet das Ergebnis der Verschlüsselung 00010, was dem Zeichen für einen Zeilenwechsel entspricht.


5.  Programme für die T52 history menue scroll up

 

 

Hans-Thilo Schmidt


6. Das Dechiffrieren der T52a/b-Codes durch die Schweden history menue scroll up

Anders als in Großbritannien sah die Lage in Schweden aus. Dort machte man sich nach der Besetzung von Dänemark und Norwegen durch deutsche Truppen im Jahr 1940 Sorgen um die politische Lage. Da kam es nicht ungelegen, dass Deutschland das neutrale Schweden darum bat, die dortigen Telekommunikationsleitungen für die Nachrichtenübermittlung nach Norwegen nutzen zu dürfen. Schweden sagte zu und konnte damit nach Belieben Fernschreiben abfangen, die zwischen Berlin und Oslo ausgetauscht wurden. Dies nutzte den Schweden allerdings zunächst nichts, da alle Nachrichten mit dem Geheimschreiber verschlüsselt waren.
Not macht jedoch auch in der Kryptologie erfinderisch. Erst wenige Jahre zuvor, im Jahr 1936, hatte die schwedische Regierung eine Dechiffrier-Gruppe eingerichtet, allerdings ohne dem Thema eine allzu große Bedeutung zuzumessen. 1939 waren es gerade einmal 22 Personen, die sich in Stockholm fremde Codes vornahmen und dabei so schlecht bezahlt wurden, dass die meisten von ihnen noch einer weiteren Tätigkeit nachgehen mussten. Doch mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs stieg das Interesse der schwedischen Regierung an der Dechiffrierung rapide an. Sie rekrutierte daher Codeknacker gleichsam am Fließband und baute ihre Dechiffrier-Einheit immer weiter aus. Bei Kriegsende im Jahr 1945 standen 1.000 Kryptologie-Experten auf der Gehaltsliste des schwedischen Staats. Der heute bekannteste von ihnen war Arne Beurling, seines Zeichens Mathematikprofessor in Uppsala. Ihm wurde 1941 die Aufgabe übertragen, die ominösen Nachrichten zu knacken, die die Deutschen über schwedische Leitungen schickten.
Dies war sicherlich keine leichte Aufgabe für Beurling, denn er hatte zunächst nicht die geringste Ahnung, auf welche Weise die Deutschen ihre Botschaften verschlüsselten. Er wusste lediglich aus zuvor abgefangenen Ankündigungen, dass die Deutschen dazu übergehen wollten, ihre Fernschreiben mit einer neuen Maschine zu verschlüsseln. Beurling arbeitete sich daraufhin in die Fernschreiber-Technik ein und machte sich Gedanken darüber, wie eine Verschlüsselung funktionieren könnte. Bis heute ist nicht bekannt, ob er dabei Zugang zu Patentunterlagen oder ähnlichen Informationen hatte, die ihm eine Vorstellung von der Funktionsweise des Geheimschreibers lieferten. In jedem Fall kam Beurling schnell auf die Idee, unregelmäßig gezahnte Räder zu verwenden, die eine zufällige Folge von Nullen und Einsen produzierten. Damit war er auf der richtigen Spur.
Um seine Hypothese zu überprüfen, nahm sich Beurling das gesamte abgefangene Material eines einzigen Tages vor. Da er vermutete, dass die Schlüssel täglich gewechselt wurden, hoffte er, dass alle hierbei untersuchten Nachrichten mit dem gleichen Schlüssel verschlüsselt waren. Er hatte Recht, und die vorliegenden Informationen reichten ihm aus, um nicht nur den Aufbau der Rotoren, sondern auch den Rest der Maschine zu rekonstruieren. Da er zudem eine überraschend gut funktionierende Methode zur Bestimmung des Schlüssels fand, konnte er die deutschen Geheimschreiber-Nachrichten lesen. Für diesen Erfolg hatte er gerade einmal zwei Wochen benötigt.
Bis heute zählen viele Krypto-Historiker Beurlings Analyse des Geheimschreibers (genauer gesagt der Variante T52a/b) zu den bedeutendsten Dechiffrier-Leistungen in der Geschichte der Kryptologie. Er vollbrachte seine Großtat nicht nur in erstaunlich kurzer Zeit, sondern zudem ohne die Unterstützung von Kollegen und ohne Spezialmaschinen. Auch wenn der Geheimschreiber in der damaligen Form einen solchen Erfolg durch seine Schwächen begünstigte, muss man Beurlings Dechiffrier-Aktion als enorme Leistung werten.
Durch Arne Beurlings außergewöhnliche Dechiffrier-Leistung konnten die Schweden ab dem Sommer 1940 die Geheimschreiber-Nachrichten der Deutschen routinemäßig mitlesen. Angesichts der daraus gewonnenen Erkenntnisse konnte man in Stockholm zunächst einmal beruhigt sein: Die entschlüsselte Kommunikation ließ erkennen, dass Hitler kein Interesse an einem Angriff auf Schweden hatte. So konnten die Dechiffrierer um Arne Beurling in aller Ruhe an ihren Methoden feilen, neue Leute rekrutieren und dadurch ihre Fähigkeiten perfektionieren. Zweimal meldeten die Dechiffrierer, dass sich in Norwegen deutsche Truppen in Richtung Schweden bewegten, woraufhin man in Stockholm umgehend eigene Armeeeinheiten in Stellung brachte. So kamen die Deutschen erst gar nicht auf die Idee, die Grenze zu überschreiten.
Im Juni 1941 fielen den schwedischen Codeknackern brisante Informationen in die Hände. Entschlüsselte GeheimschreiberNachrichten deuteten darauf hin, dass die Deutschen einen überfall auf die Sowjetunion planten. Dies brachte die schwedische Regierung in eine schwierige Situation. Einerseits war man an einem Deutschen Sieg nicht interessiert und wollte daher die Sowjetunion warnen. Andererseits galt es jedoch, die Neutralität zu wahren, und natürlich durfte die Quelle für die brisante Information nicht preisgegeben werden. Das schwedische Außenministerium gab daher dem britischen Botschafter in Moskau einen Tipp und hoffte, dass die Warnung über diesen bei Stalin landen würde. Stalin erfuhr tatsächlich von den deutschen Plänen, schlug jedoch alle Warnungen in den Wind und wurde schließlich von Hitlers Angriff überrascht.
Die Deutschen ahnten zwar zunächst nicht, dass die Schweden ihre geheimen Nachrichten mitlasen. Allerdings waren die Unsicherheiten des Geheimschreibers grundsätzlich bekannt. Außerdem erhielten die Deutschen im Juni 1942 einen Tipp vom finnischen Militärattache, der über die Erfolge der Schweden Bescheid wusste. So verbesserten die deutschen Spezialisten den Geheimschreiber. Durch mehrere Konstruktionsänderungen entstand so zunächst die Version T52c, später folgten T52d und T52e. Die Sicherheit des Geräts stieg dadurch sprunghaft an. Außerdem stellten die Deutschen einige der Fehler, die den Schweden geholfen hatten, ab. Im Mai 1943 waren die schwedischen Dechiffrierer plötzlich nicht mehr in der Lage, Geheimschreiber-Nachrichten mit der bis dahin bekannten Effektivität zu knacken. In den Folgemonaten versiegte die für die Schweden so wichtige Quelle ganz. Auch ein deutscher Spion, der detaillierte Informationen über eine neue Variante des Geheimschreibers lieferte, brachte keinen Erfolg mehr. Die zwei verbleibenden Jahre bis Kriegsende überstanden die Schweden jedoch auch ohne entschlüsselte deutsche Fernschreiben.
Dass die schwedischen Dechiffrierer nicht nur Nachrichten von weltpolitischer Dimension verwerteten, zeigt sich an einer Anekdote, von der David Kahn in seinem Buch The Codebreakers berichtet [Kahn 96]. In deren Mittelpunkt steht eine Nachricht, die von Berlin an die deutsche Botschaft in Stockholm ging. Die Nachricht wies den Botschafter an, den schwedischen Außenminister um einen Gefallen zu bitten. Die schwedischen Codeknacker informierten ihren Außenminister vorab über die zu erwartende Anfrage, zu deren Bearbeitung dieser jedoch keine Lust hatte. Kurzerhand verabschiedete er sich daher auf eine Reise und war deshalb nicht zu sprechen, als die Nachricht von der deutschen Botschaft eintraf. So konnte sich der Außenminister dank erfolgreicher Dechiffrierarbeit vor einer lästigen Aufgabe drücken.


7. WEB-Links zum Geheimschreiber history menue scroll up

 
 


8. Verwandte Themen history menue scroll up
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© Samuel-von-Pufendorf-Gymnasium Flöha © Frank Rost am 12. September 2011 um 19.06 Uhr

... dieser Text wurde nach den Regeln irgendeiner Rechtschreibreform verfasst - ich hab' irgendwann einmal beschlossen, an diesem Zirkus nicht mehr teilzunehmen ;-)

„Dieses Land braucht eine Steuerreform, dieses Land braucht eine Rentenreform - wir schreiben Schiffahrt mit drei „f“!“

Diddi Hallervorden, dt. Komiker und Kabarettist