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... die Tabula Recta:
Die Tabula
recta (von lateinisch Tabula = Tafel, Tabelle und rectus = gerade,
regelmäßig, also deutsch etwa: Quadratische Tafel) ist eine quadratische
Darstellung der Buchstaben des Alphabets, bei der in jeder Zeile die
Buchstaben um einen Platz weiter nach links verschoben werden. Sie wurde
durch den deutschen Benediktinerabt Johannes Trithemius (1462–1516) im Jahre
1508 im fünften Band seines in lateinischer Sprache geschriebenen
sechsbändigen Werkes Polygraphiae libri sex (deutsch: Sechs Bücher zur
Polygraphie) angegeben. Dies sind die ersten gedruckten Bücher zum Thema
Kryptographie. Sie erschienen erst im Jahre 1518 nach seinem Tod.
In der Originalfassung (siehe Weblinks: „Bild der authentischen Tabula recta“),
von denen eine in der Bayerischen Staatsbibliothek in München aufbewahrt
wird, enthält die in seinem Buch als Recta transpositionis tabula (wörtlich:
Regelmäßig umgesetzte Tabelle) bezeichnete Tafel in Anlehnung an das
archaische lateinische Alphabet nur die 24 Buchstaben a, b, c, d, e, f, g,
h, i, k, l, m, n, o, p, q, r, s, t, u, x, y, z und w. Es fehlen j und v,
denn zu seiner Zeit wurde noch nicht zwischen u und v sowie i und j
unterschieden.
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Recta transpositionis tabula.
a b c d e f g h i k l m n o p q r s t u x y z w
b c d e f g h i k l m n o p q r s t u x y z w a
c d e f g h i k l m n o p q r s t u x y z w a b
d e f g h i k l m n o p q r s t u x y z w a b c
e f g h i k l m n o p q r s t u x y z w a b c d
f g h i k l m n o p q r s t u x y z w a b c d e
g h i k l m n o p q r s t u x y z w a b c d e f
h i k l m n o p q r s t u x y z w a b c d e f g
i k l m n o p q r s t u x y z w a b c d e f g h
k l m n o p q r s t u x y z w a b c d e f g h i
l m n o p q r s t u x y z w a b c d e f g h i k
m n o p q r s t u x y z w a b c d e f g h i k l
n o p q r s t u x y z w a b c d e f g h i k l m
o p q r s t u x y z w a b c d e f g h i k l m n
p q r s t u x y z w a b c d e f g h i k l m n o
q r s t u x y z w a b c d e f g h i k l m n o p
r s t u x y z w a b c d e f g h i k l m n o p q
s t u x y z w a b c d e f g h i k l m n o p q r
t u x y z w a b c d e f g h i k l m n o p q r s
u x y z w a b c d e f g h i k l m n o p q r s t
x y z w a b c d e f g h i k l m n o p q r s t u
y z w a b c d e f g h i k l m n o p q r s t u x
z w a b c d e f g h i k l m n o p q r s t u x y
w a b c d e f g h i k l m n o p q r s t u x y z
In hac tabula literarum canonica siue recta tot ex uno & usuali nostro
latinarum literarum ipsarum per mutationem seu transpositionem habes
alphabeta, quot in ea per totum sunt monogrammata, uidelicet quater
& uigesies quatuor & uiginti, quae faciunt in numero D.lxxvi. ac per to
tidem multiplicata, paulo efficiunt minus quam quatuordecem milia.
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- Deutsch: In dieser regelmäßigen oder viereckigen Tabelle von Buchstaben
findet man durch Veränderung („per mutationem“) oder Umsetzung („transpositionem“)
das gebräuchliche Alphabet unserer lateinischen Buchstaben, die in ihrer
Gesamtheit Monogramme (einzelne Buchstaben) darstellen, nämlich 24 mal 24,
das ergibt die Zahl von 576 und multipliziert man diese mit genauso vielen
(24), ergibt sich ein wenig weniger als 14.000.
- Trithemius benutzte also bereits im Jahr 1508 in seinem Buch die beiden
wichtigen Begriffe (Permutation und Transposition), die auch für die
modernen kryptographischen Verfahren (wie beispielsweise AES) noch immer die
Grundlage darstellen. Seine Tabula recta hat in moderner Fassung mit allen
26 Großbuchstaben des lateinischen Alphabets unserer Zeit das im Bild (oben
rechts) dargestellte Aussehen.
- Trithemius benutzte seine Tafel, um eine Methode zur polyalphabetischen
Verschlüsselung zu erläutern. Er schlug vor, den ersten Buchstaben der zu
verschlüsselnden Nachricht mit Hilfe der ersten Zeile der Tabula recta zu
verschlüsseln, den zweiten mit der zweiten Zeile, und so weiter. Damit
erreichte er eine Einebnung des Häufigkeitsgebirges des Geheimtextes und
vermied so einen wesentlichen Schwachpunkt der damals noch sehr
gebräuchlichen Varianten der monoalphabetischen Verschlüsselungsverfahren,
die aufgrund der charakteristischen Häufigkeiten der einzelnen Buchstaben
mithilfe von statistischen Methoden relativ leicht gebrochen (entziffert)
werden können. Heute bezeichnet man diese von Trithemius mit seiner Tabula
recta vorgeschlagene Methode als „progressive Chiffrierung“, die
beispielsweise bei der maschinellen Verschlüsselung noch immer verwendet
wird. Allerdings kommen heute natürlich deutlich mehr als nur zwei Dutzend
unterschiedliche Alphabete zur Anwendung.
- Die Tabula recta findet außerdem Anwendung bei der vom französischen
Kryptographen Blaise de Vigenère im Jahre 1585 vorgeschlagenen
Vigenère-Verschlüsselung und wird häufig fälschlicherweise nach ihm auch als
„Vigenère-Quadrat“ bezeichnet.
- Allgemein spricht man auch dann von einer Tabula recta, wenn es sich um eine
quadratische Anordnung von Buchstaben handelt, bei der sie zwar in jeder
weiteren Zeile um einen Platz mehr verschoben sind, jedoch in der ersten
(und damit auch in allen folgenden) nicht in alphabetischer Reihenfolge
angeordnet sind. In solchen Fällen spricht der Kryptograph von einem
„verwürfelten Alphabet“ (Näheres zur Erzeugung von Geheimalphabeten siehe:
Geheimalphabeterstellung bei der monoalphabetischen Substitution). Genau
genommen ist schon Trithemius' ursprüngliche Tafel von dieser Art, denn
seiner Zeit gemäß ordnete er den Buchstaben w als letzten Buchstaben hinter
dem z an.
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