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Walter Gropius, 1919 Gründer
des Bauhauses und bis 1928 sein Direktor, entwarf den Bau im Auftrag der
Stadt Dessau in Zusammenarbeit mit Carl Fieger, Ernst Neufert u. a. in
seinem privaten Architekturbüro - eine eigene Architekturabteilung erhielt
das Bauhaus erst 1927. Bei der Innenausstattung wurden die Werkstätten des
Bauhauses einbezogen. Die Stadt Dessau stellte das Geld sowohl für den
Neubau des Schulgebäudes auf einem freien Grundstück in der Nähe des
Bahnhofs als auch für die Meisterhäuser zur Verfügung, deren Eigentümerin
sie blieb. Bei seinem Entwurf entwickelte Gropius architektonische Ideen
weiter, die er vor dem Ersten Weltkrieg beim Bau der Fagus-Werke in Alfeld
an der Leine erstmals verwirklicht hatte. Wie in Alfeld bestimmt auch in
Dessau die vor das tragende Skelett gehängte Glasfassade (curtain wall) das
Äußere des Werkstattflügels und zeigt offen die konstruktiven Elemente.
Gropius verzichtete darauf, die Ecken der kubischen Baukörper optisch zu
verstärken. Er ließ stattdessen die Verglasung die Kanten umgreifen und
schuf so den Eindruck von Leichtigkeit.
Konsequent trennte Gropius beim Bauhaus die Gebäudeteile nach ihren
Funktionen und gestaltete sie unterschiedlich. Dabei ordnete er die
einzelnen Flügel asymmetrisch an - sowohl auf die heutige Bauhausstraße
bezogen als auch auf die Gropiusallee. Um die vollständige Gestalt des
Komplexes zu erfassen, muss der Betrachter daher um den gesamten Bau
herumgehen. Es gibt keine zentrale Ansicht.
Der verglaste, dreigeschossige Werkstattflügel, der gleich hohe Trakt für
die Gewerbliche Berufsschule mit seinen schlichten Fensterbändern und das
fünfgeschossige Ateliergebäude mit seinen auffällig herauskragenden Balkonen
sind die Hauptelemente des Komplexes. Eine zweigeschossige Brücke, in der
u.a. die Verwaltung sowie bis 1928 das Architekturbüro von Gropius
untergebracht waren, verbindet den Werkstattflügel mit der Gewerblichen
Berufsschule. Ein eingeschossiger Zwischenbau mit Aula, Bühne und Mensa, die
sog. Festebene, schafft den Übergang vom Werkstattflügel zum Atelierhaus, in
dem sich ursprünglich 28 Wohnateliers von je 20 qm Größe für Studierende und
Jungmeister befanden. Die Fassade des Studentenwohnheims ist im Osten durch
Einzelbalkone und im Süden durch lang gezogene, die Gebäudeecke umgreifende
Balkone geprägt.
Der gesamte Komplex ist verputzt und überwiegend mit einem hellen Anstrich
versehen, der einen reizvollen Kontrast zu den dunklen Glaseinfassungen
bildet. Für das Innere entwarf Hinnerk Scheper, Jungmeister der
Wandmalereiwerkstatt, einen detaillierten Farbplan, der durch die
unterschiedliche farbige Behandlung von tragenden und verkleidenden
Elementen die Konstruktion des Baus verdeutlichen sollte. Unter dem Druck
der Nationalsozialisten wurde das Bauhaus als Hochschule für
Gestaltung 1932 geschlossen. Nach schweren Bombenschäden kurz vor Ende des
Krieges wurde es notdürftig repariert. 1974 unter Denkmalschutz gestellt,
wurde es 1976 erstmals aufwändig restauriert. Mit der Erklärung des
Bauhausgebäudes zum Weltkulturerbe wurde eine weitere umfassende Sanierung
beschlossen, die 2006 beendet wurde. 1994 wurde die Stiftung Bauhaus Dessau
ins Leben gerufen. Damit ist das Bauhaus wieder ein lebendiger Ort der
experimentellen Gestaltung, Forschung und Lehre, der sich neben der Pflege,
Erforschung und Vermittlung des Bauhauserbes insbesondere mit dem Thema
Stadt beschäftigt. |