 |
Tintoretto (um 1518-1594),
venezianischer Maler des Manierismus, der zu den bedeutendsten Künstlern des
späten 16. Jahrhunderts gehörte. Sein
Werk war von großem Einfluss auf die Barockmalerei.
In seinem Spätwerk wurden die Kompositionen Tintorettos sinnlicher in der
Farbgebung, wie auch dieser bekannte Akt zeigt.Art Resource, NY/Giraudon
Tintoretto, dessen eigentlicher Name Jacopo Robusti war, wurde nach dem
Beruf seines Vaters il tintoretto (italienisch: der kleine Färber) genannt.
Als junger Mann studierte er zunächst bei Tizian, der ihn jedoch bald aus
seiner Werkstatt entließ; die Abneigung zwischen den beiden großen Malern
sollte ihr ganzes Leben über anhalten. Anders als Tizian lebte und arbeitete
Tintoretto ausschließlich in Venedig. Sein umfangreiches Schaffen
konzentrierte sich auf Ausstattungen für Kirchen und Auftragswerke für
Bruderschaften, Fürsten und die Republik Venedig.
Während seiner ersten Schaffensphase (um 1538 bis 1548), die von der Suche
nach einem eigenen Stil geprägt war, ließ sich Tintoretto von Vorbildern wie
der Malerei Michelangelos oder den Reliefskulpturen Jacopo Sansovinos
anregen. Bei beiden lernte er Figurenzeichnen und Bildkomposition. Von dem
dalmatinischen Maler Andrea Schiavone übernahm er die breite, freie und
leicht hingeworfene Art des Farbauftrags. Seine künstlerische
Eigenständigkeit zeigt sich schließlich im Gemälde Das Wunder des heiligen
Markus (1548, Accademia, Venedig), das er für die Scuola di San Marco schuf
und in dem sich perspektivische Verkürzungen, räumlicher Illusionismus und
die Verwendung von hellem Licht zu einem spontanen, dramatischen Geschehen
verbinden.
Leda und der Schwan Seine Variation von Leda und der Schwan malte Tintoretto
zwischen 1570 und 1575. Heute hängt das Gemälde in den Uffizien in Florenz.
In den folgenden Jahren wurde Tintorettos Stil sinnlicher, und die
zahlreichen Aufträge, die er erhielt, bezeugen die begeisterte Aufnahme, die
sein Werk fand. Doch selbst die erstaunliche Leichtigkeit seiner Zeichen-
und Malkunst konnte mit der Flut der Aufträge nicht Schritt halten, so dass
viele der ihm zugeschriebenen Werke eigentlich von der Hand seiner
Mitarbeiter stammen, darunter seine Tochter Marietta und sein Sohn Domenico,
deren Beiträge heute schwer von Tintorettos eigenen abzugrenzen sind.
In seinem Spätwerk widmete er sich verstärkt der Auseinandersetzung mit den
Kontrasten zwischen brillantem Licht und tiefem Dunkel, wobei die Farbe
scheinbar unbedeutend, weil zurückhaltend und pergamentartig wurde, und
setzte zunehmend die Farbe der Haut ins Bild. Er verwendete ungewöhnliche
Perspektiven und liebte üppige Gruppenkompositionen, um die Dramatik der
dargestellten Szene zu steigern. Ein Meisterwerk der erotischen Malerei ist
seine Szene Vulkan überrascht Venus und Mars (um 1560, Alte Pinakothek,
München), die sich auf den Augenblick der Enthüllung der Venus durch Vulkan
konzentriert und in einem bürgerlichen venezianischen Zimmer angesiedelt
ist. Größte Fähigkeiten bewies Tintoretto in der Darstellung des
Übernatürlichen, das in menschliche Verhältnisse eingreift, wie in der
Bergung des toten heiligen Markus (1563-1564), für die Scuola di San Marco
gemalt. Im Abendmahl (1594) für die Kirche San Giorgio Maggiore, das einen
Höhepunkt seines Spätwerkes darstellt, stellte er alle ihm zur Verfügung
stehenden malerischen Mittel in den Dienst der Darstellung. Das Licht
beleuchtet die Szene nicht in gewohnter Weise, sondern erhellt sie als ein
die Gesellschaft der Jünger überraschender Blitz.
Tintorettos Neigung zu diagonalen Figurenkompositionen, die in den
Tiefenraum des Bildes reichen, die Dramatik seiner Lichtgebung und die
Dynamik und der Überschwang seines Stiles fanden besonders bei den frühen
Barockkünstlern Bewunderer und Nachahmer, so bei dem flämischen Maler Peter
Paul Rubens und der Malerfamilie Carracci. Seine schriftlich verfassten
Ansichten zu Form und Licht, die er bereits in seinem eigenen Spätwerk
beinahe stereotyp befolgte, erstarrten bei den jüngeren Künstlern in Venedig
zu leeren, letztlich auch unausweichlichen Formeln. Nach seinem Tod im Jahr
1594 erlebte die venezianische Malerei durch das Fehlen von
Malerpersönlichkeiten einen rapiden Niedergang. |