Alessandro Volta history menue Letztmalig dran rumgefummelt: 01.11.06 16:48:19

Alessandro Volta (1745 - 1827)

Volt, Ampere, Watt, Ohm, Newton, Joule, Hertz oder Kelvin - zunächst sind das nur physikalische Einheiten, die jeder von uns kennt und mit denen wir tagtäglich konfrontiert werden. Doch hinter jedem dieser abstrakten Begriffe steckt auch eine Persönlichkeit, ein Forscher und sein Lebenswerk Viele der großen Naturforscher, die unsere moderne Physik begründeten, wurden nach ihrem Tod mit der höchsten Auszeichnung geehrt, die es für einen Wissenschaftler geben kann. Ihr Name wurde zur physikalischen Einheit erhoben. Doch die Biographie dieser Männer geriet meist in Vergessenheit. Bei manchem der später so hockgeehrten Wissenschaftler stößt man auf eine geradezu abenteuerliche Lebensgeschichte.

Aus unserer Steckdose kommen 220 Volt. Für unser Auto benötigen wir eine 12-Volt-Batterie. Unser Walkman wird mit 3 Volt betrieben. In den Hochspannungsleitungen fließt Strom mit einigen hunderttausend Volt. Doch was ist eigentlich gemeint, wenn wir von Volt sprechen, und wer gab der wichtigsten Größe der Elektrotechnik ihren Namen?

Der Anatom Luigi Galvani suchte in Froschschenkeln nach »thierischer Elektrizität«. Volta widerlegte seine Theorie.

Es war Alessandro Volta, der 1745 in der italienischen Stadt Como geboren wurde und sich bereits in seiner Jugend mit aller Leidenschaft der Erforschung der »elektrischen Kräfte« verschrieben hatte. Berühmt wurde Volta, der gegen den Widerstand seiner Familie die Forscherlaufbahn eingeschlagen hatte, jedoch erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts durch einen verbissenen Forscherstreit, der die Dimensionen eines Religionskriegs annehmen sollte. Sein Gegner war der Arzt und Professor der Anatomie Luigi Galvani, der mit spektakulären Experimenten Berühmtheit erlangt hatte.
Galvani hatte bei seinen anatomischen Untersuchungen entdeckt, dass die Muskeln sezierter Tiere Reflexe zeigten, die auf elektrische Kräfte hinwiesen. Besonders deutlich war diese »thierische Elektrizität« an Froschschenkeln zu beobachten. Sie vollführten wilde Zuckungen, wenn man sie mit dem Seziermesser berührte und gleichzeitig eine Elektrisiermaschine, die keine direkte Verbindung zum Seziertisch hatte, Funken erzeugte. Bei einem weiteren Experiment hatte Galvani die Froschschenkel an langen Drähten im Freien aufgehängt - zogen Gewitterwolken auf und entluden sich die Blitze am Himmel, begannen die Froschschenkel ebenfalls zu zucken.
Auf das dritte Experiment wurde Luigi Galvani mehr oder weniger durch einen Zufall gebracht. Er hatte die Froschschenkel an Drähten und Haken aus verschiedenen Metallen befestigt und immer dann Muskelzuckungen beobachtet, wenn sich die fremden Metalle berührten. Das inspirierte Galvani zu seinem berühmten Versuch: Er befestigte an einem Nervenende des Froschschenkels einen Eisendraht, an einer anderen Stelle einen Draht aus einer Kupferlegierung. Berührten sich die beiden Drähte, kam es zu heftigen Reaktionen im Froschschenkel. Der Anatom Galvani schloß daraus, dass in Muskeln und Nerven Elektrizität gespeichert sein musste.
Die Entdeckung der »thierischen Elektrizität« wurde, nachdem Galvani seine Versuche veröffentlicht hatte, auch von anderen Forschern bestätigt. So auch von Alessandro Volta, der die Abhandlungen Galvanis von einem gemeinsamen Freund erhalten hatte. Doch schon bald schlug die Begeisterung in Skepsis um. Volta, Professor für Physik, kam zu einer ganz anderen Erkenntnis als die Mediziner: »Es ist klar, dass die Ursache dieses elektrischen Stromes die Metalle selbst sind, sie sind im eigentlichen Sinn Erreger und Motoren der Elektrizität, während das thierische Organ, ja die Nerven selbst, passiv sind.« Nach der Auffassung Voltas wurde die Elektrizität nicht von den Muskeln und Nervenfasern erzeugt, sondern von den beiden Metallen, die sich berührten. Der Froschschenkel reagierte nur wie ein Anzeigegerät.
Was zunächst mit einem Disput begann, eskalierte schon bald zu einem Glaubenskrieg zwischen den Wissenschaftlern, die sich in Voltaisten und Galvinisten spalteten. Noch Jahre später, nach dem Tod Galvanis im Jahr 1798, führten seine Schüler diese Kontroverse weiter.
Alessandro Volta, der die Auseinandersetzung mit ebensolcher Leidenschaft betrieb, widmete seine ganze Arbeitskraft der Erforschung der Metalle und ihrer Eigenschaften. Er ordnete die Metalle in einer »Spannungsreihe« nach der Heftigkeit ihrer elektrischen Reaktionen. Als Messinstrument benutzte er seine Zunge. Brachte man sie mit zwei unterschiedlichen Metallen in Berührung, machte sich die Elektrizität als prickelnder saurer Geschmack bemerkbar. Volta untersuchte nicht nur Metalle wie Zink, Zinn, Blei, Eisen, Kupfer, Platin, Gold, Silber oder Quecksilber, die er als Leiter erster Masse bezeichnete. Durch seine »Zungenmessungen« hatte er auch entdeckt, dass Flüssigkeiten und »Körpersäfte« ebenfalls leitend waren. Er bezeichnete sie als Leiter der zweiten Klasse. »Kommt ein Leiter dieser zweiten Klasse zwischen zwei der ersten, zwischen zwei verschiedene Metalle, und wird von ihnen berührt, so entsteht ein immerwährender Lauf, je nachdem die Wirkung, Kraft der Berührung auf der einen oder anderen Seite das Übergewicht hat...«.
Die Galvinisten bestritten diese These Voltas aufs heftigste. Doch dieser hatte inzwischen nicht nur die Anhänger der »thierischen Elektrizität« gegen sich aufgebracht. Volta war davon überzeugt, dass seine »metallische Elektrizität« auch mit der Elektrizität, die durch Reibung an Kristallen, Harz oder Glas hervorgerufen wurde, identisch sein musste. Doch wie sollte er das beweisen? Reibungselektrizität erzeugte eine hohe Spannung und entlud sich schlagartig in Form von Blitzen. Seine metallische Elektrizität hatte nur eine geringe Spannung und floß als immerwährender Strom durch den Metalldraht. Er bezeichnete die Kraft, oder »Energia«, die das »elektrische Fluidum herausdrücken will«, als »Tensione di electricità« (elektrische Spannung).
Doch wie sollte man eine elektrische Kraft nachweisen, die nur mit der empfindlichen Zunge zu registrieren war? Voltas entscheidende Entdeckung: Als er mehrere Elemente aus den beiden Metallen aneinander reihte, addierten sich die elektrischen Spannungen der einzelnen Elemente. Mit diesem Trick gelang es ihm, die »Tensione di electricitä« so weit zu verstärken, dass man sie nicht nur mit der Zunge, sondern auch mit Messgeräten, die er für seine Versuche entwickelt hatte, nachweisen konnte.

So skizzierte Alessandro Volta den Aufbau seiner »Batterie«. Rechts: Eine spätere Darstellung der Voltasäule (unten) und der »Tassenkrone« (oben). Prinzip: Zwei Metalle, hier Silber (1) und Zink (2), erzeugen in einer Salzlösung Elektrizität.


Nach fast einem Jahrzehnt rastloser Forscherarbeit hatte Alessandro Volta sein Ziel erreicht. Im Jahre 1800 gab er in einem Brief an die Royal Society in London seine neue Erfindung, die auf dem galvanischen Prinzip basierte, bekannt. Mit der beigefügten Bauvorschrift war der neue Elektrizitätserzeuger für jedermann herzustellen: Man braucht nur ein paar blankgeriebene Kupfer- oder Silbermünzen, Zinkblättchen und mit Salzwasser getränkte Pappe. Diese Plättchen schichte man aufeinander, abwechselnd Kupfer und Zink, dazwischen die feuchte Pappe. Überbrückte man die Enden der Voltaschen Säule mit einem Draht, setzt eine chemische Reaktion zwischen Metall und Flüssigkeit ein. Durch den Draht fließt elektrischer Strom.
Doch der Erfinder der Batterie war damals noch nicht in der Lage, die chemisch Zusammenhänge seines Stromerzeugers erklären, und so dachte er zunächst, ein »Perpetuo giro« (ewigen Kreislauf) entdeckt zu haben. Entsprechend Skepsis reagierten viele seiner Gegner, vor allem die Gelehrten in Frankreich, auf das italienische »Perpetuum mobile«. Doch der Er Konsul Frankreichs, Napoleon Bonaparte, entschied den Streit der Wissenschaftler seine Weise. Volta wurde eingeladen, »Institut«, einer Nachfolgeeinrichtung der »Academie Royale des Sciences«, seine Experimente vorzuführen. Die dazu einberufene galvanische Kommission bestand zwölf Mitgliedern, auch der mächtige Korse selbst gehörte zu diesem Gremium. Im Gegensatz zu den Wissenschaftlern war Napoleon von den Vorführungen Volta begeistert. Er schlug vor, dem Italiener für seine wissenschaftlichen Leistungen Goldmedaille zu verleihen. Gegen den Willen der Professoren ließ Napoleon, der Pariser »École Polytechniclue« in eine Militärakademie verwandelt hatte, Volta zum Mitglied des Instituts ernennen.

1801: Alessandro Volta vor der galvanischen Kommssion in Paris Er erklärt Napoleoi Bonaparte die Wirkung seiner elektrischen Säule und der Tassenkrone.


Hochgeehrt kehrte Volta nach Italien rück. Er wurde zum Senator ernannt 1810 von Napoleon sogar in den Adelstand erhoben. Mit einem monatlichen Senatorgehalt von 24 000 Lire von allen finanziellen Sorgen befreit, widmete sich Alessandro Volta bis zu seinem Tod 1827 seinen privaten Forschungen und dem Kampf gegen Galvanisten und die »thierische Elektrizität«. Mehr als ein halbes Jahrhundert später 1881, als der Streit längst entschieden wurde auf dem 1. Internationalen Elektrizitätskongreß in Paris zu Ehren des Entdeckers der »Tensione di electricità« die Spanungseinheit »Volt« eingeführt.

Ernst Deissinger in Peter Moosleitner Interessantes Magazin Heft 12/1991 S. 90



zur Hauptseite
© Samuel-von-Pufendorf-Gymnasium Flöha © Frank Rost im Oktober 2000