1.7. Das Alphabet - die Geschichte der Schrift | ![]() |
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1. Das Alphabet
2. Steg
3. Bundsteg
4. Schusterjungen
1. Das Alphabet | ![]() |
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Der Buchstabe B In der Antike entschieden weise Männer: Das »B« ist der Geburtsort aller Formen dieser Welt. So wollten sie den Buchstaben aufwerten Ein gewisser Rabbi Jona sagt im Talmud: »Die Welt ist geschaffen worden durch den Buchstaben »B« und nicht durch »A«. Zwar beginnt die Schöpfungsgeschichte der christlichen Bibel mit den Worten: »Am Anfang ...«. Doch andere Religionen sehen das nicht so. Für sie geht es beim »B« um die Schöpfung. Oder ist es nur Zufall, daß das erste Wort der hebräischen Bibel, die die Schöpfungsgeschichte enthält, mit einem »B« beginnt? Auch der erste Buchstabe des Korans ist ein »B«. Die Verknüpfung der Schöpfung mit dem »B« hat ihre Wurzeln in der Antike. Damals wollte man dem Buchstaben, der als knallender Laut galt, eine entsprechende symbolische Bedeutung geben. Und so entschieden kluge Köpfe, das »B« sei der Geburtsort aller Formen dieser Welt. Denn: Beim Sprechen wird die Luft kurz zurückgehalten, und aus dieser Stille im Mund bricht dann das »B« als Ton hervor. Leider ist keine der damaligen Sprachen mehr in Gebrauch. Aber vielleicht vermittelt das italienische »bene« eine leise Ahnung von der »Geburt aller Formen«. Die Phönizier, die als Erfinder des Alphabets gelten, nannten diesen zweiten Buchstaben »Bet«, was »Haus« bedeutet. Wie es dazu gekommen ist, wissen die Geehrten nicht genau. Eine der Theorien: Auf der Halbinsel Sinai schürften Semiten von 1800 bis 1400 v. Chr. für die Ägypter nach Bodenschätzen. An den Wänden der Steinbrüche entdeckte man Inschriften und 27 Zeichen, die keine Hieroglyphen sind. Sprachforscher vermuten, daß die semitischen Arbeiter die Hieroglyphen für die 27 wichtigsten Dinge des täglichen Lebens durch semitische Wörter ersetzten, und zwar in der Reihenfolge der Wichtigkeit: »Aleph« für den Ochsen, »Bet« für das Haus ... Die Phönizier hätten dieses Ur-Alphabet dann übernommen und weiterentwickelt. Das »B«. wie wir es kennen, gibt es seit ungefähr 2800 Jahren, Es wurde von den Griechen in Stein, Ton und Metall geritzt. Ursprünglich schaute es nach links, da die Griechen zunächst - wie die Phönizier, von denen sie das Alphabet übernahmen - linksläufig geschrieben haben. Jahrhundertelang ähnelte der Buchstabe zwei übereinandergeklebten Dreiecken; die Bögen waren spitz. Kein Wunder. Wenn man Buchstaben mit dem Meißel schreibt, verzichtet man auf die umständlichen Rundungen. Erst im 6. Jahrhundert v. Chr., als den gepeinigten Berufsschreibern endlich Papyrus und Tontäfelchen zur Verfügung standen, wandelten sich die spitzen Dreiecke allmählich zum runden »B«, Als dann zwischen dem 3. und 7. Jahrhundert in den klösterlichen Schreibstuben immer stärker das Pergament Einzug hielt, entwickelten die Mönche einen abermals neuen Stil: Mit Gänsefeder und Tinte auf Pergament ließ es sich erst recht geschmeidig schreiben. Damals entstanden die zollhohen Buchstaben, die man »Unzial« (Lateinisch für »Zoll«) nannte. Das runde »B« speckte im oberen Teil ab, bis von der Rundung bald nur noch ein Strich übrigblieb. Als im 9. Jahrhundert allmählich die Groß- und Kleinschreibung eingeführt wurde, standen »B« und »b« schon gebrauchsfertig parat. Für die Linguisten ist das »B« ein Verschlußlaut und dazu »stimmhaft«. Letzteres, weil ihm in dem Augenblick, wenn es über die Lippen kommt, meist ein Vokal angehängt wird. Man hört das »B« also nie allein, sondern stets in der Begleitung eines anderen Buchstabens. Doch auch lautmäßig wurde das »B« im Lauf der Jahrhunderte schlanker. Dies gilt besonders für die griechische Sprache. Aus dem Verschlußlaut »B« wurde - Vielleicht durch schlampige Aussprache - ein Engelaut, wie Linguisten dies nennen. Mit anderen Worten: Aus »biblos« (»Buch«) wurde »wiwlos«. In der kyrillischen Schrift der Russen entspricht der Buchstabe, der wie unser »B« aussieht, ebenfalls einem »W«. Aber es gibt ein eigenes Zeichen, früher durch eine Buche (im Altslawischen »Buki« genannt) dargestellt, das für »B« steht. Interessant am Rande: Die germanische Rune für »B« hieß »Berkanan« - Birkenreis. Zurück zu den Griechen, die ihr »B« irgendwann verweichlichten. Ihre modernen Nachkommen konnten nicht verhindern, daß sich international gebräuchliche Wörter - wie Bar« - auch in ihrer Sprache breitmachten. Aber erfinderisch waren die Griechen schon immer. Ihr modernes »B« sieht so aus: »MII«; es setzt sich zusammen aus »M« und dem Zeichen, das unserem »P« entspricht.. Das archaische B der Griechen schaute noch nach, links Unten: Der Buchstabe als Schmuck in einem Psalter-Buch aus dem 1. Jahrhundert Der Buchstabe C Erfunden haben ihn die Phönizier, die ihn wie ein »G« aussprachen. Die Etrusker machten daraus ein »K«, die Römer gaben ihm beide Bedeutungen. Wie er zu unserem »C« wurde, das ist eine verzwickte Geschichte Cumae, so hieß der Ort in der Nähe des heutigen Neapel, wo nach Meinung einiger Sprach forscher - das griechische Alphabet zuallererst auf italienischem Boden Fuß faßte. Das war etwa um 750 v. Chr. Das Alphabet, das dort von Kolonisten aus Ionien verwendet wurde, war ein Abkömmling der alten phönizischen Schrift, wie sie in der Stadt Chalkis auf der Insel Euböa üblich war. Diese Schrift der Euböer wies eine Besonderheit auf, die sie leicht erkennbar machte. Den Buchstaben »Gamma« (mit dem Lautwert »G«) schrieben die Inselbewohner nicht nach phönizischer Art als Häkchen, sondern ritzten ihn als eine nach rechts zielende Pfeilspitze, ungefähr so: »>« Die Phönizier - Händler und Seefahrer, die vor ca. 3500 Jahren an der heutigen libanesischen Küste lebten und das Alphabet populär machten (oder gar erfanden) - schrieben zunächst von rechts nach links. Erst um 500 v. Chr. wechselten sie, wie auch die Euböer und andere Völker, die Schreibrichtung. Warum sie es taten, niemand weiß es. Auf jeden Fall hatte es zur Folge, daß sich die Buchstaben umdrehten - auch das »>«. Nun wurde daraus ein »<«. Manchmal rundeten sie es ab, so daß ein Halbkreis entstand. Als die Etrusker, ein sehr zivilisiertes Volk, das eine Reihe von Städten in Italien gründete, mit den Euböern in Kontakt kamen, waren sie sehr angetan von deren Schrift. Sie übernahmen das Alphabet pauschal, aber sie mußten es natürlich den Regeln ihrer eigenen Phonologie anpassen. Weil das Etruskische keinen Laut »C«kannte, wohl aber ein »K«, setzten die Schreiber den Buchstaben »C« für den Laut »K« ein. Im Laufe der Zeit lernten auch die lateinischen Stämme, die in der Nähe der späteren Weltstadt Rom lebten, die etruskischen Buchstaben kennen. Und auch sie kamen schnell auf die Idee, ihre Sprache mit diesen praktischen Schriftzeichen wiederzugeben. Weil die Lateiner - anders als die Etrusker - sowohl den Laut »G« als auch das »K« kannten, benutzten sie zunächst das alte Schriftzeichen, um beide Laute darzustellen. (Es dauerte einige Jahrhunderte, bevor sie ein eigenes Zeichen für »G«entwickelten.) Caius Julius Caesar hieß also in der Lautsprache »Gajus Julius Keisar«, und der Redner Marcus Tullius Cicero hörte auf den Namen »Kikero«. Daß »Caesar« wie »Keisar« ausgesprochen wurde, wissen wir durch andere Sprachen. Die Griechen haben beispielsweise Wörter wie Cäsar oder Cicero stets mit einem K. dem »Kappa«, an der ersten Stelle wiedergegeben. Die deutschen Stämme, die mit dem römischen Reich in Kontakt kamen, machten es ebenso. Aus der lateinischen »cista« wurde die »Kiste«, und »cerasium« war die »Kirsche«. Später, in der Zeit zwischen 400 und 600 n. Chr. unterzog sich der Buchstabe »C« wieder einer Wandlung. Als das römische Kaiserreich unterging, schwand auch die ursprüngliche Aussprache de »C« - vor allem, wenn ihm ein »E« oder »I« folgte. Warum? Vielleicht lag es daran, daß die allgemein akzeptierte Aussprache Roms durch den Zusammenbruch des Reiches seine Gültigkeit einbüßte. Wie auch immer, das harte »K« verweichlichte nach und nach so sehr, bis es überhaupt kein »K« mehr war. Die Geburtsstunde der romanischen Sprachen war gekommen. Aus dem lateinischen »centum« (»kentum«), d.h. »hundert«, entstanden beispielsweise da französische »cent«, das italienisch »cento«und das spanische »ciento« (ersteres mit »ss«, mittleres mit »tsch« und letzteres mit »th« wie im Englischen gesprochen). Die Verwandlung ging so weit, daß zum Beispiel in Gallien aus dem »K« in »cantus« ein »sch« wurde - wie in »chant«. Lateinische Wörter, die zu dieser Zeit zu uns kamen, spiegeln diese Veränderung wider. Aus »census« wurde »Zins« aus »cella« die «Zelle«. Im Deutschen ist der Stellenwert des »C«inzwischen so weit zusammengeschrumpft, daß es kaum mehr am Wortanfang anzutreffen ist (außer bei Fremdwörtern); es fristet nur noch ein bescheidenes Dasein in Kombinationen wie »ch und »sch«. Eine Ungereimtheit bleibt noch: Warum übernahmen Lateiner und Etrusker ein »G« für einen »K«-Laut, wenn das Alphabet bereits mit einem echten »K« dem »Kappa«, bestückt war? Die Antwort darauf finden Sie in einer späterer Folge dieser Reihe. d Der Buchstabe E Ohne den Vokal E können wir heute keinen normalen Satz schreiben und sprechen. Seine Karriere begann jedoch als Der Buchstabe H Eines der merkwürdigsten literarischen Spielchen aller Zeiten ist ohne Zweifel das Buch »La Disperation« (»Das Verschwinden«). Der französische Schriftsteller Georges Perec hat in diesem fast 300seitigen Roman kein einziges Mal den Buchstaben E verwendet. Wahrlich eine große Leistung. Denn das E ist in der französischen - wie auch in der deutschen - Sprache praktisch nicht zu umgehen. Bisher haben Sie es schon fast 60mal gelesen. Man kann ohne diesen Buchstaben kein normales Gespräch führen: Das E ist einer der fünf Vokale des lateinischen Alphabets und deshalb besonders wichtig für alle Sprachen, die darauf basieren. Versuchen Sie einmal das Wort »gestern« ohne E zu artikulieren - ein ganz schöner Zungenbrecher. Man kann die Vokale mit Farben vergleichen (und die Konsonanten mit Formen). Eine Sprache ohne E ist deshalb wie ein Bild ohne eine der Grundfarben. Der Lyriker Arthur Rimbaud hat diesen Buchstaben in einem seiner Gedichte weiß angemalt. Im Deutschen klingt das E entweder langgezogen wie in dem Wort »Beet« oder kurz wie in »Bett«. In der englischen Sprache zwitschert es manchmal lautmalerisch wie in »cheep« (das Piepsen der Vögel) und »beep« (das nasale Hupen eines Fiat 500). Und in den Ohren eines unbekannten altgriechischen Autors klang es »affenartig« - damit meinte er vielleicht das Gekreische der Affen. Und doch gibt es Sprachen, die kein E kennen. Hocharabisch zum Beispiel, das nur über drei Vokalzeichen verfügt: je eines für A, I und U. Das gleiche gilt für die Sprache der Babylonier - falls die Wissenschaftler sie richtig entziffert haben. Das E begann seine Laufbahn jedoch nicht als Vokal. Denn die Phönizier (ein semitischer Volksstamm), die Ahnherren unserer Schrift, nannten dieses Zeichen He und sprachen es wie ein ganz normales H aus (wie es bis heute im Hebräischen, Arabischen und Äthiopischen der Fall ist). Warum es He heißt, können die Sprachforscher bis heute nicht erklären. Eventuell bedeutet He »Gitterfenster«. Bei den Phöniziern bestand das Zeichen nämlich aus einer schräg nach links geneigten Linie, von der drei gitterähnliche Striche abgingen. Mit etwas Phantasie erinnert es tatsächlich an ein Fenster mit Gittern. In der Sinai-Schrift, die um das 15. vorchristliche Jahrhundert entstand, sieht der Buchstabe wie eine dreizackige Gabel aus. Manche Forscher sehen den Ursprung dieses Zeichens in der ägyptischen Bilderschrift, insbesondere in dem Strichbild eines Menschen, der vielleicht »He!« oder »Ho!« ruft. Wie dem auch sei - als die Griechen auf das phönizische Alphabet stießen und es für die eigenen Sprachbedürfnisse umgestalteten, merkten sie schnell: Phönizisch und Griechisch waren grundverschieden. Die Phönizier verstanden ihre Sprache, auch wenn sie die Vokale wegließen. Im Griechischen wäre dies nicht möglich gewesen, da es zu viele Wörter gab, die ohne Vokale keinen Sinn ergeben hätten. Beispiel: »aiei« (»wo«) oder »aiolos« (»flink«). Im übrigen gebrauchten die Phönizier auch viele Kehllaute, die im Griechischen nicht vorkamen. Einer davon war das besagte He. Die griechischen Händler, die mit dem phönizischen Alphabet zuerst in Berührung gekommen waren, kannten in ihrem Dialekt keinen H-Laut, sonst hätten sie das He sicher als N übernommen. Ohne diesen kleinen Zufall hätte es durchaus passieren können, daß nicht das He, sondern ein anderer Buchstabe als Vorlage für das E gedient hätte. Als die Griechen das Schriftzeichen übernahmen, nannten sie es »Epsilon«, was »kahles E« bedeutet. Damit wollten sie herausstellen, daß der Buchstabe ohne jegliche Behauchung auszusprechen war. Das berühmteste E der Welt befand sich übrigens im Apollotempel von Delphi. Es war linksläufig - wie das phönizische Zeichen - eingeritzt, was auf sein Alter hinweisen sollte. Im 2. nachchristlichen Jahrhundert machte sich der griechische Schriftsteller Plutarch einen ganzen Buchabsatz lang Gedanken darüber, warum dieses Zeichen im Apollotempel zu sehen war. Er kam nicht dahinter. Heute glauben die Wissenschaftler, daß dieses berühmte E vielleicht gar keines war, sondern die Abbildung eines antiken Schlüssels. Die sahen damals so zackig wie ein antikes E aus und hätten im Tempel des Apollo-Orakels einen Sinn ergeben: Wer das Orakel aufsuchte, erwartete in Form einer Traumdeutung oder Zukunftsvorhersage den »Schlüssel« zu einem Geheimnis. Wenn es doch nur so einfach wäre. Aber es gibt noch eine Theorie: Möglich ist auch, daß das E von Delphi ein H war, also ein waschechter semitischer Buchstabe. Es könnte den ersten Buchstaben des phönizischen Wortes »hechal« (»Tempel«) dargestellt haben. Abwegig ist diese Überlegung nicht. Denn: Der göttliche Apollo war - wie das Alphabet auch - eine »Ware«, die einst aus den semitischen Ländern nach Griechenland eingeführt worden ist. Der Buchstabe F Er ist ein Sonderling unter unseren Buchstaben und kam nur über Umwege an seinen Platz im Alphabet Frisch, fromm, fröhlich, frei«, lautete die Devise der deutschen Turnerschaft, jener sportlichen Studentenbewegung des beginnenden 19. Jahrhunderts. Um ihrer Botschaft Nachdruck zu verleihen, dachten sich die Turner ein werbeträchtiges Markenzeichen aus: viermal der Buchstabe F, einmal normal, links daneben seitenverkehrt und darüber zweimal auf dem Kopf stehend. Was die akademischen Turner sicher nicht wußten: Sie hatten - allerdings kurz gefaßt - in dieser Zeichensprache fast vollständig die Entstehungsgeschichte ihres Lieblingsbuchstabens wiedergegeben (mit Ausnahme der F-Variation oben rechts). Das F ist ein Sonderling unter den Figuren unseres Alphabets. Denn es ist einer der wenigen Buchstaben, die nicht aus dem alten Phönizischen Schriftsystem stammen. Genauer gesagt: Das F ist als sechster Buchstabe lediglich ein Platzhalter für den sechsten Buchstaben der Phönizier, das »Waw«. Dieses wiederum entspricht einem Konsonanten, den es in der deutschen Sprache (vom bayerischen Dialekt vielleicht abgesehen) nicht gibt. Es ist das »Doppel-U« (»doubleju«) des Englischen, mit dem zum Beispiel die Wörter »we« und »want« beginnen. Aus unerklärlichen Gründen ist dieser Buchstabe für die meisten Deutschsprechenden häufig ein Zungenbrecher. Dabei kann der Deutsche diesen Laut richtig aussprechen, auch wenn er dies am falschen Objekt beweist, nämlich bei den englischen Vokabeln »valley« oder »very«. Den altgriechischen Händlern, die einst in einer unbekannten Hafenstadt auf die phönizische Schrift gestoßen sind, bereitete das »Waw« ebenfalls Schwierigkeiten. Auch sie waren nicht in der Lage, den Laut wie die Semiten (oder die Engländer) zu artikulieren. Sie übernahmen den Buchstaben aber trotzdem, verwandelten ihn jedoch in einen Vokal, der Vorbild für das »U« wurde, und ordneten ihn am Ende des Alphabets ein. Dadurch entstand zum ersten Mal eine Lücke in der traditionellen Reihenfolge der Buchstaben. Die Griechen muß das sehr gestört haben. Denn sie entwickelten (vielleicht erfanden sie ihn sogar) eigens für diese sechste Position einen ganz neuen Buchstaben: das F- allerdings linksläufig wie die Figur links unten in dem Turnerschaft-Markenzeichen. Erst viel später wechselten sie die Schreibrichtung, so daß das Zeichen wie unser F aussah. Mit einem wichtigen Unterschied: gesprochen klang es nicht wie das F, sondern wie ein deutsches W. Heute sucht man M griechischen Alphabet vergeblich nach diesem Buchstaben, den die antiken Grammatiker »Digamma« nannten, weil er zwei übereinandergestülpten »Gammas« ähnelte. Das Digamma schied allerdings früh aus dem Dienst. Die Griechen hörten bereits in der Antike damit auf, das F als einen W-Laut auszusprechen. Damit wäre sicher das Ende des F besiegelt gewesen, wenn nicht der berühmte »glückliche Zufall« wieder einmal eingegriffen hätte: Dieses Mal in Gestalt etruskischer Handelsreisender, die mit griechischen Kollegen in Kontakt kamen und dadurch das neue Schreibsystem kennenlernten. Das meiste davon übernahmen die Etrusker unverändert, und damit auch das F bzw. Digamma, das in ihrer Sprache ebenfalls als W-Laut diente. Wir schreiben das Jahr 600 v. Chr. B zu diesem Zeitpunkt ist das F immer noch kein Laut wie in »frisch«, »fromm« usw. geworden, sondern stellt ein W dar wie zum Beispiel in »warten«. Doch jetzt schlägt die Stunde der Römer. Dieses draufgängerische Volk, das von den kultivierten und wenig an Krieg interessierten Etruskern umgeben ist, lernt von diesen Nachbarn schon früh die Vorzüge des Alphabets. Und weil die Lateiner in ihrer Sprache einen richtigen F-Laut kennen, ist es für sie nur logisch, das griechische bzw. etruskische F auszuwählen, um diesen Laut wiederzugeben In den allerfrühesten Sprachzeugnissen der Lateiner aus dem 6. vorchristlichen Jahrhundert sind die Spuren des ersten F-Zeichen noch erhalten. Damals schrieben sie es als »FH« nieder, um es vom W-Laut der etruskischen Vorlage zu unterscheiden. Archäologen haben ein etwa 2600 Jahre alte goldene Spange ausgegraben. Sie trägt die Inschrift: MANIOS MED FHEFHAKED NUMASIOI. Im klassischen Lateinisch lautet die Zeile »Manios me fecit Numerio«, zu Deutsch: »Manios machte mich für Numerius«. Unser modernes F ist eigentlich nur ein Kurzform für das umständliche »FH«. Aber warum nennen wir diesen Buchstaben »ef« und nicht »fe«? Nach römischer Überlieferung legte der Gelehrte M. Terrentius Varro diese Tradition im 1. Jahrhundert v. Chr. fest. Er bestimmte, daß die Bezeichnungen aller Halbvokal - damit meinte er F, L, M, N, S und R- mit einem Vokal beginnen sollten, um ihn von Normalkonsonanten zu unterscheiden. Diese dagegen sollten mit einem Vokal enden wie etwa P, D und G. Dabei ist es bis heute geblieben. Nicht überlebt hat dagegen die Erfindung des römischen Kaisers Claudius. Er dachte sich ein auf den Kopf gestelltes aus, um dem W-Laut, der manchmal in Fremdwörtern vorkam, ein Gewand zu geben Der schwache Imperator, der 54 n. Chr. von seiner Frau Agrippina vergiftet wurde, ist auch bei diesem bescheidene Vorhaben kläglich gescheitert. Der Buchstabe G An der Erfindung dieses Zeichens waren mehrere Völker beteiligt. Unser G verdanken wir einem römischen Beamten Stellen Sie sich vor, Sie sollten ein Alphabet erfinden. Wie würden Sie die Buchstaben gestalten? Genau dieses Experiment machte einst ein holländischer Wissenschaftler namens Johannes de Croot mit Schulkindern. Das Ergebnis war verblüffend. Ein Beispiel: Das Alphabet eines 9jährigen Mädchens enthielt sieben Zeichen, die haargenau phönizischen Buchstaben entsprachen. Der Rest wirkte auch nicht unbekannt. Die Buchstaben glichen Schriftzeichen, die den kretischen, zypriotischen und Sinaischriften sehr ähnlich waren. Doch das ist kein Wunder. Das Alphabet, das die Phönizier erfanden (bzw. aus einem noch früheren Schriftsystem entwickelten). verfügte schließlich nur über eine sehr begrenzte Anzahl von Strichen, Kurven und Häkchen, die auch von ihnen nach menschlichem Ermessen kombiniert und variiert wurden. Und diese Zeichen waren nie das exklusive Eigentum der seefahrenden Phönizier gewesen. Beispiel G: Bei den Phöniziern hieß es »Gimel«,sah aus wie ein auf dem Kopf stehendes, linksläufiges »L« und wurde ausgesprochen wie etwa das G in »gut«. Doch die Sprachwissenschaftler wissen, daß es Völker gab, die nie Kontakt mit den Phöniziern oder ihren unmittelbaren Nachkommen hatten und trotzdem das gleiche Zeichen für ihr Schriftsystem erfanden. Mit einem Unterschied: Es drückte ganz andere Laute aus. So entsprach ein dem »Gimel« ähnlicher Buchstabe in der koreanischen Schrift (die aus dem 15. Jh. stammt) einem »K« und in der somalischen einem »R«. In der numidischen Schritt aus römischer Zeit bedeutete das gleiche Zeichen ein »dsch« (wie im italienischen »gentile«) und in den alten angelsächsischen Runen ein »L«. Mit anderen Worten: Die Zeichen, aus denen unser Alphabet besteht, sind viel willkürlicher ausgewählt worden, als man annimmt. Die traditionelle Lehre, daß das »A« (phönizisch »Aleph«) einst einen Ochsen und das »B« (»Bet«) ein Haus darstellten, muß also nicht unbedingt stimmen. Beim »Gimel«, das in der phönizischen Sprache ursprünglich »Kamel« bedeutete, ist diese Interpretation besonders fraglich. Auch mit noch soviel gutem Willen ist es schwer, die Silhouette des Tieres in diesem Zeichen wiederzufinden. Deshalb vermuten manche Wissenschaftler, daß »Gimel« gar nichts mit einem Kamel zu tun hatte, sondern vielmehr die Verstümmelung eines Wortes aus einer ganz anderen, uns unbekannten Sprache ist. Einige Forscher tippen auf eine kretische Vokabel. Denn es ist durchaus möglich, daß die Phönizier das Alphabet bei den Kretern entdeckten. Wie dem auch sei, das G durchlief eine mehr als eigenartige Entwicklung. Beim Buchstaben »C« haben Sie einen Teil dieser Geschichte schon gelesen: Das »Gimel« wurde zuerst ins Griechische als »Gamma«, später ins Etruskische als »K« übernommen, weil die Etrusker keinen G-Laut in ihrer Sprache kannten. Schließlich tauchte »Gimel« auch im Lateinischen als »K« auf. Weil die Römer in dem neuen Alphabet kein Zeichen für G hatten (im Gegensatz zu den Etruskern kannten die Lateiner diesen Laut wohl), spielte das »C« viele Jahrhunderte lang eine Doppelrolle: Es stellte »K« und G dar. Deshalb wurde nun Beispiel »gentes« (lateinisch für »Völker«) »centes« geschrieben. Dieses orthographische Durcheinander muß den Römern offenbar Unbehagen bereitet haben. Denn von dem griechischen Philosophen und Historiker Plutarch (um 50 - 125 n.Chr.) - der sich eingehend mit der römischen Geschichte befaßte - erfahren wir, wie und wann das moderne G entstanden sein soll. Der geniale Erfinder hieß angeblich Spurius Carvilus Ruga und war römischer Regierungsbeamter. 230 v. Chr. hat er seine Schriftreform durchgeführt, indem er dem »C« einen schrägen Strich verpaßte. Außerdem verschaffte er seiner Erfindung einen Platz in der alphabetischen Reihenfolge gleich nach dem »F«. Den früheren Platzhalter, das »Z«, das in der lateinischen Sprache kaum Verwendung fand (im Gegensatz zum Griechischen und Phönizischen), verbannte er ans Ende des Alphabets, wo es bis heute steht. Allerdings hatte Ruga Glück bzw. ein gutes Zeitgefühl. Vor seiner Reform waren schon einige Versuche unternommen worden, ein lateinisches G zu etablieren. Doch alle scheiterten. Wieder ein Beispiel dafür, daß der Mensch ein schwer kalkulierbares Wesen ist. Der Buchstabe I Dieses Schriftzeichen wäre verlorengegangen, wenn ihm nicht ein Schreiber im 13.Jh. ein Merkmal aufgesetzt hätte. Im Palast des berühmten byzantinischen Herrschers Justinian lebte ein Hofdichter namens Chorikios. Der trug eines Tages dem Kaiser zu Ehren einen Lobgesang vor, der darin gipfelte, wie zutreffend es sei, daß Justinians Name geschrieben mit einem Iota (ausgesprochen: Jota) anfing (griechisch: Iustinianos). Chorikios erhob diese Tatsache zu einem Symbol der Gerechtigkeit und Wahrheit. Der Grund: Jeder, ob Kind, Jugendlicher oder Greis, sei in der Lage, diesen einfachen senkrechten Strich -was war das Iota sonst? - zu zeichnen. Jener Chorikios war aber nicht der erste, dem die Schlichtheit des I aufgefallen war. In der Antike scheint dies fast sprichwörtlich gewesen zu sein. Denken Sie beispielsweise an den berühmten Vers aus dem Matthäus-Evangelium (5,18), den Luther folgendermaßen übersetzt hat: »Bis Himmel und Erde vergehen, wird auch nicht der kleinste Buchstabe des Gesetzes vergehen...« Was Matthäus mit »kleinster Buchstabe« umschreibt, heißt im griechischen Originaltext »iota hen« - »ein Iota«. Tatsache ist: Unter allen Buchstaben, die Griechen und Römer schrieben, war dieser Vokal vom Aussehen her das kleinste, schmächtigste und wohl einfachste Zeichen. Einen Strich kann jeder zeichnen. Nur eines fiel den Römern offensichtlich sehr schnell auf- besonders, als sie ihre langen Texte in sogenannter Kapitalschrift in Marmor meißeln ließen. Das wirkte stets irgendwie seltsam. Aus der Entfernung schien es - allerdings durch optische Täuschung verursacht - in der Mitte dicker und an den Enden schmaler zu sein, als es tatsächlich war. Um diesem Eindruck entgegenzuwirken, verbreiterten römische Schreiber die beiden Enden. Damit entstand eine Schriftform, die sich bis heute erhalten hat: die Serife. Wenn Sie genau hinsehen, werden Sie feststellen, daß auch die Buchstaben in P.M. mit Serifen versehen sind. Entstanden ist das I aus dem phönizischen Buchstaben »Jod«. Zu diesem Schriftzeichen besteht unter den Sprachwissenschaftlern ausnahmsweise eine seltene Einigkeit: »Jod« bedeutete »Hand« oder »Arm«. Unter den phönizischen Buchstaben findet man übrigens mehrere Zeichen, die sich auf Körperteile beziehen. Ob das irgend etwas mit der Form der Buchstaben zu tun hat, ist eine andere Frage. Und die ist immer noch nicht ausreichend geklärt. Es bleibt also eine Glaubenssache, ob das ursprüngliche Zeichen für »Iota« -es glich einem durchstrichenen »Z«- eine Hand darstellte oder nicht. Fest steht nur: Manchen Phönizieren war es wohl zu umständlich, diesen Buchstaben zu schreiben. Also reduzierten ihn die auf Schnelligkeit bedachten Schreiber immer mehr, bis von dem Urschriftzeichen nur noch ein Strich übriggeblieben war. In einigen Gegenden hielt sich die archaische Form allerdings hartnäckig und überlebte bis heute. So entstammt das arabische I diesem urtümlichen Zeichen. Bei uns ist das I einer der fünf Vokale geworden. Daß es diese Rolle übernommen hat, haben wir wieder einmal den Griechen zu verdanken die die phönizische Konsonantenschrift für ihre Zwecke umwandelten. Über solche Umstellungen haben wir in dieser Serie schon mehrmals berichtet. Bei den Semiten war das I eigentlich als »J« gedacht. Doch schon früh müssen auch sie das Fehlen von Vokalen offensichtlich als Manko empfunden haben. Denn bei manchen Wörtern ihrer Sprachen waren Vokale unentbehrlich. Beispiel: »Gag« heißt auf Hebräisch »Dach«. Will man »mein Dach« ausdrücken, schreibt man »gagi«. Ohne das I wäre die Aussage nicht richtig zu deuten. Vor 130 Jahren entdeckte man im Jordanland Texte in Moabitisch, einer dem Hebräischen eng verwandten Sprache. Sie stammen aus dem 9. vorchristlichen Jahrhundert und belegen, daß auch damals schon viele Wörter mit Vokalen versehen waren. Jetzt bleibt zum I nur noch ein letzter Punkt - oder besser: ein Pünktchen - zu besprechen. Warum trägt ein kleines i ein Tüpfelchen? Die Antwort hängt mit der unauffälligen Form dieses Buchstabens zusammen Besonders in der gotischen Schrift drohte das kleine i vollends unterzugehen. Es war unter all den anderen dicken Buchstaben noch schwieriger zu entdecken. Im 13. Jahrhundert kam ein namenloser Schreiber zum Glück auf die geniale Idee, das I mit einem Akzent zu versehen. Mit der Zeit wurde dieser Akzent immer kleiner. Wir kennen ihn nur noch als Tüpfelchen. OMNiS: Nur durch die »Kappe« ist das kleine I in diesem Wort in gotischer gotischer Schrift zu erkennen. Der Buchstabe J Das »J« hatte es schwer. Man sprach es zwar aus, aber erst in der Neuzeit bekam es ein eigenes Zeichen. Jiang Zemin, der chinesische Staatschef, hatte bei seinem jüngsten Besuch in Deutschland Glück: Man bemühte sich überall, seinen Namen richtig auszusprechen. Die Deutschen haben nämlich ein Problem mit dem Buchstaben J. wenn er in einem Fremdwort vorkommt, Herr »Dschang« wird meistens »Jang« genannt; »Jazz« wurde jahrzehntelang so ausgesprochen, wie man es schreibt; und der »Joker« im Kartenspiel ist auch heute bei vielen noch kein »Dschoker«. Das ist gar nicht mal so falsch. Denn Deutsch (wie auch Holländisch, die skandinavischen Sprachen, Polnisch und Tschechisch) gehört zu den Sprachen, in denen das J immer noch »richtig« ausgesprochen wird; das heißt so, wie es auch den alten Römern ursprünglich über die Lippen gekommen ist. Der Grund: Die Germanen kamen mit der lateinischen Welt zu jener Zeit in Kontakt, als die Bürger des römischen Imperiums noch »Ianuarius«, »Iulius« und »Iustitia« sagten. Damals verwendeten die Römer nur ein Schriftzeichen - das »I«, um zwei Laute darzustellen: den Vokal »I« und den Konsonanten »J«. Das deutsche J gibt die konsonantische Hälfte des Duos wieder. Und es ist über das »I« der Nachkomme des phönizischen »Jod« auch in seiner Aussprache. Beide gehören zu den Reibelauten ( Bei den Reibelauten wird an einer bestimmten Stelle im Ansatzrohr -Gesamtheit der Hohlräume oberhalb der Stimmbänder- durch eine Verengung geräuschhafter Schall erzeugt.) , wie die Linguisten sagen. Diese Laute entstehen, indem sich die Kehle verengt und sich die Zunge in Richtung Gaumen wölbt. Doch gerade weil die Germanen so frühzeitig mit der lateinischen Sprache in Berührung kamen, verpaßten sie eine Weiterentwicklung des Buchstabens. Ab dem 4. Jahrhundert n. Chr. machte sich in Westeuropa folgende Tendenz bemerkbar: Die Lateiner fingen an, bei der Aussprache mit dem J schlampig umzugehen. Ein anonymer Grammatiker aus dieser Zeit hat in einem Text (die Forscher nennen ihn »Appendix Probi« ein Beispiel für die damalige Veränderung hinterlassen: »lunipirus« non »ieniperus« schrieb er nieder. Er wollte darauf hinweisen, daß »iunipirus« - das lateinische Wort für »Wacholder« - von vielen als »ieniperus« artikuliert wurde. Diese geringfügige Veränderung der Aussprache hatte offensichtlich erhebliche Konsequenzen für die Zukunft dieses Wortes: Da die Betonung auf der zweiten Silbe lag, verursachte die Schwächung der ersten Silbe eine winzige Verschiebung der Zunge nach vorn. Das Resultat zeigt sich bald. Aus »ieniperus« entstand etwas, das wie »djeniperus« klang. Das italienische »ginepro« und das französische »genièvre« erinnern heute noch daran. Mit anderen Worten: Wären die Germanen erst viel später mit der römischen Kultur in Kontakt gekommen, würde man heute in Deutschland nicht »Jesus« sondern »Dschesus« sagen. So wie die späteren Angelsachsen, die erst auf die Römer trafen, als diese das gesprochene J bereits in ein »Dsch« verwandelt hatten. Und weil die Angelsachsen ab dem 5. Jahrhundert England eroberten, glauben englische Christen an »Dschiesus«. Weil die Menschen in Italien nicht mehr »iustitia« sondern »dschustizia« sagten, erschien die alte Schreibweise den Schriftkundigen nicht mehr zeitgemäß. Sie führten eine Reform durch. Dabei ging das konsonantische »I« für die italienische Sprache endgültig verloren. Das heutige Alphabet enthält kein J. Statt dessen schrieben die Reformer »giustizia«, »ginepro«, »gennaio« (Januar) usw. Die Franzosen dagegen haben den Buchstaben beibehalten. Sie schreiben »justice« und »janvier« entsprechend dem altrömischen Vorbild. Aber manchmal hatten auch sie das Bedürfnis, anstelle des lateinischen »I« ein »G« zu schreiben wie in »genièvre«. Auch im Mittelalter hatte der Laut J noch immer kein eigenes Zeichen; die Schreiber stellten ihn nach wie vor mit dem altrömischen »I« dar. Wahrscheinlich verdanken wir den Buchstaben J einem Franzosen. 1542 verwirklichte ein gewisser Louis Meigret eine Rechtschreibreform. Historiker behaupten: Er war es, der auf die glorreiche Idee kam, das »Vokal-I« endlich vom »Konsonanten-I« zu unterscheiden. Seine Lösung war so einfach wie genial: Er versah das »I« mit einer Verlängerung nach unten. Zwar löste die Änderung nicht sofort Begeisterungsstürme aus. Aber bis zum Ende des 16. Jahrhunderts hatte sich das J dann doch durchgesetzt. Der Buchstabe K Ein Mönch sorgte im frühen Mittelalter dafür, daß dieser Buchstabe einen Platz in unserem Alphabet erhielt. Kein anderer Laut veranschaulicht so deutlich den Unterschied zwischen Homo sapiens neanderthalensis und Homo sapiens sapiens wie das K. Diese Meinung vertritt jedenfalls der amerikanische Biologe Philip Lieberman. Er behauptet, der Neandertaler wäre absolut unfähig gewesen, diesen Buchstaben auszusprechen. Schuld daran sei seine lange, dünne Zunge gewesen, deren Wurzel - so Lieberman - hoch im Mund verankert war. Beim modernen Menschen dagegen sitzt die Zunge tief im Schlund. Damit liegt auch der Kehlkopf weiter unten im Hals als beim Neandertaler. Nur aufgrund dieser Kehlkopfverlagerung sind wir in der Lage, »Kaffee«, »Kakao« und »Kikeriki« auszusprechen. Heute gibt es auf der ganzen Welt wohl keine Sprache ohne K-Laut. Und der Buchstabe gehörte zu dem »Alphabetpaket«. das die griechischen Händler einst von den Phöniziern pauschal übernahmen. Die Phönizier nannten das Schriftzeichen »Kaf«, und nach alter Überlieferung bedeutete es »Handfläche. Am Rande bemerkt: Bei den Semiten dienten die Buchstaben als Ziffern. Die ersten zehn, »Aleph« bis »Jod«, entsprachen den Zahlen 1 bis 10. Mit »Kaf«, dem elften Zeichen von zwanzig, gingen die zweistelligen Zahlen weiter. Als die Griechen darangingen, die Buchstaben für ihre Sprache auszuwerten, stellten sie fest, daß drei der phönizischen Schriftzeichen als K-Laut in Frage kamen. Diese nannten sie »Gamma« ( Siehe Wie das Alphabet entstanden ist: Der Buchstabe C), »Kappa« und »Qoppa«. Bis ins 4. Jh. v. Chr. haben die Griechen alle drei als K-Zeichen benutzt. Als sich dann in Griechenland endlich eine einheitliche Schrift durchsetzte, blieb nur noch das »Kappa« erhalten. Dies bedeutete für das K-Trio jedoch nicht das Ende. Die Etrusker hatten das Alphabet von den Griechen zu einer Zeit übernommen, als es noch alle drei K-Laute enthielt. Sie waren auch noch vorhanden, als die Lateiner das Alphabet von den Etruskern übernahmen. Folglich gehörten auch zum lateinischen Alphabet anfangs drei gleichklingende Buchstaben: das »C«, das »K« und das »Q«. Eine Zeitlang funktionierte das System zufriedenstellend, und die Zeichen wurden nach den Regeln der frühlateinischen Rechtschreibung ungefähr so angewandt: Das »C« stand immer vor den Vokalen »E« und »I«; das »K« vor dem »A« und das »Q« vor »0« und »U«. Doch aus heute unbekannten Gründen hörten die Schreiber am Tiber nach und nach auf, das K zu verwenden. An seiner Stelle wurde das »C« zum alleinigen K-Laut - mit vier Ausnahmen: »Kalendae«, was »Monatsanfang« bedeutete (und der traditionelle Zahltag war). der griechische Buchstabe »Kappa« und die Namen »Kaeso« und »Karthago« wurden nach wie vor mit K geschrieben. Die deutsche Sprache beweist bis heute, daß das »C« bei den Römern ursprünglich als K artikuliert wurde. Man erkennt dies an Wörtern, die die Germanen aus der lateinischen Sprache übernommen haben, z.B. »cista«, »cerasium« und »Caesar«. Deutsch wurden sie zu »Kiste«, »Kirsche« und »Kaiser«. Eigentlich verwunderlich, daß das K und nicht das »C« in unsere Sprache Einzug hielt. Schließlich ist unser Alphabet aus dem lateinischen entstanden, und die Römer verwendeten das K kaum noch. Die Antwort ist im 8. Jahrhundert zu finden. Damals entschieden sich die Germanen, ihre Sprache mit lateinischen Buchstaben zu schreiben. Aber als die ersten Texte aufgezeichnet wurden, fungierte das »C« bei den Lateinern nur noch teilweise als K-Laut, sondern diente im sogenannten vulgären Latein als »ts«- oder »tsch«-Zeichen. Es war also kein geeigneter Buchstabe, um das deutsche K auszudrücken. Abhilfe kam aus einem heute unbekannten Kloster, das irgendwo zwischen Pavia und Freising lag. Dort hatte ein Mönch - sein Name ist nirgends erwähnt - die glänzende Idee, den im Lateinischen längst für tot erklärten Buchstaben K für die deutsche Sprache wiederzubeleben. Der Buchstabe L Als es entstand, sah das Zeichen ständig anders aus. Auch heute stiftet es Verwirrung. Mal wird es gesprochen, mal nicht. Labda - so nannte ein Korinthe Bürger namens Amphion seine Tochter. Lange Zeit versuchte er erfolglos, sie zu verheiraten, denn sie hinkte. Die Geschichte, so der griechische Historiker Herodot, endete schließlich doch, glücklich. Labda fand einen liebenden Ehemann und wurde Mutter eines Herrschers von Korinth. Die Sprachforscher interessiert an dieser Anekdote jedoch weniger das Happy-End als vielmehr die Information über das Alphabet. Denn die Konigsmutter Labda wurde nach einem Buchstaben benannt. Wir kennen ihn als »Lambda«, jenes griechische Schriftzeichen, das beim lateinischen L Pate stand. Aber warum erhielt Labda ausgerechnet ein Schriftzeichen als Namen? Geht es vielleicht um eine verschlüsselte Legende? Um Buchstabenmagie? Nein. Es handelt sich vielmehr um eine kleine Gemeinheit - nämlich um das Aussehen dieses Buchstabens. Zu Lebzeiten Amphions glich das »Labda« einem Hütchen mit zwei unterschiedlich langen Schenkeln - ähnlich also den Beinen seiner hinkenden Tochter. Bei dem klassischen Schriftzeichen, das wir »Lambda« nennen, wurden die zwei Schenkel gleich lang gezogen. Womöglich ein Zugeständnis an das Harmoniebedürfnis der klassischen Zeit. Egal, ob man den Namen nun »Lambda« oder »Labda« schrieb, beide Schriftzeichen wurden nur im Osten des hellenischen Sprachraums so dargestellt wie oben beschrieben. Im Westen entpuppt sich das L als wahrer Verkleidungskünstler. Der Buchstabe, den die Etrusker von den Westgriechen übernahmen, ähnelte weder dem »Labda« noch dem »Lambda«. Er entsprach vielmehr unserem heutigen L - nur spiegelverkehrt, weil die Etrusker von rechts nach links schrieben. Das L stammt, wie die meisten Buchstaben unseres Alphabets, von den Phöniziern, bei denen es »Lamed« hieß. Das wird traditionell mit »Ochsenstachel« übersetzt, aber manche Wissenschaftler sind von dieser Deutung nicht ganz überzeugt Sie sehen in »Lamed« ein Wort bzw. eine Wortverstümmelung aus der kretischen Schrift, die bisher leider nicht entschlüsselt werden konnte. Einen eindeutigen Beweis gibt es nicht, doch steht fest: Die geheimnisvolle kretische Schrift enthält ein Zeichen, das dem »Lamed« fast aufs Haar gleicht. Um das L richtig auszusprechen, muß man die Zunge schon besonders bemühen. Zufälligerweise enthält das Wort für »Zunge« in manchen Sprachen ein L. Das lateinische »lingua«, das arabische »lissan« und das ungarische »nyelv« rollen wie Wellen von der Zunge ab. Für die Phonetiker ist das L ein »Liquidum«, ein »Flußlaut«, weil man es so lange und langsam »lallen« kann, wie man will, Doch: Nicht jeder besitzt diese Fähigkeit. So kennen die Japaner in ihrer Sprache keinL Was für uns so klingt, hören sie als »R«, aber Phonetiker sehen in diesem Laut ebenfalls ein »Liquidum«. Der Liter wird in Japanisch zu einem »rittoru«, ein Hotel europäischen Stils heißt »hotero« und das Glas »garasu«. Dagegen müssen die hebräisch sprechenden Judäer während der Römerzeit bei manchen Silben eine Vorliebe für das L gehabt haben: Den Gott »Mercurius« nannten sie »Merkulis«, und das griechische Wort »margaretes« Perlen sprachen sie »margolis« aus. Im heutigen Europa ist eine L-Faulheit weiter verbreitet, als man denkt. Die Polen neigen dazu, den Buchstaben in manchen Vokabeln überhaupt nicht mehr zu artikulieren. Sie sprechen ihn wie ein englisches »double-u« aus und versehen ihn mit einem Strich durch die Mitte, damit man ihn nicht mit dem L z.B. in »lody waniliowe« (Vanilleeis) verwechselt. Mochte man den abgewählten polnischen Staatschef Lech Walesa richtig anreden, müßte man ihn eigentlich Wa-uensa aussprechen. Auch die Franzosen verzichten gern mal auf das L. Was »la fille« (das Mädchen) geschrieben wird, spricht man »la fie« aus. Und die Mexikaner essen »tortijas«, die sie »tortillas« schreiben. Ist Deutsch etwa altmodisch, weil es das L beibehalten hat? Fuxdeifiswui'd (fuchsteufelswild) wird der Oberbayer, wenn er so etwas hört. Und wenn er schnell seine Semmel zahlen will, dann sagt er: »I woid schnei bitt'schee d'semmi zoin!« Der Buchstabe M Bei den Phöniziern hieß das Zeichen »mem« und bedeutete Wasser. Geschrieben sah es aus wie eine Welle Machen Sie bitte folgendes Experiment: Pressen Sie Ihre Lippen fest zusammen, und summen Sie. Jetzt öffnen Sie den Mund und sprechen den Selbstlaut »A« aus. Dann wiederholen Sie das Ganze. Haben Sie es gemerkt? Sie haben soeben »Mama« gesagt. Die meisten Kinder schaffen es, dieses Wort perfekt zu artikulieren, wenn sie noch nicht einmal ein Jahr alt sind, Damit zieht der Mensch endgültig die Grenze zwischen sich und allen anderen Lebewesen dieser Erde. Das M in »Mama« gehört zu den Mitlauten, die wir auf dem Weg in die Sprechfähigkeit als erste beherrschen. Der Grund: Ein M ist einfach zu formen und kommt ziemlich flüssig über die Lippen. So gesehen paßt es, daß die Phönizier dem Buchstaben den Begriff »mem« zuordneten. das semitische Wort für »Wasser«. Das Schriftzeichen selbst erinnerte bereits in den ältesten semitischen Texten an die wellige Bewegung der Flut. In manchen Sprachen geht dem M ein kurzer Luftstoß voran oder folgt ihm. Man hört also ein 'm oder m'. Beispiele: der tschechische Zungenbrecher »zmrzlina« (Speiseeis) oder »mthu« (Mensch) in Suaheli. Deshalb gestehen Sprachforscher dem M ein wenig auch die Eigenschaften eines Vokals zu. Sogar in der etruskischen Sprache haben die Altphilologen ein Wort entdeckt, das in diese Kategorie zu passen scheint: »arcmsnei«. Leider können sie es nicht deuten. Das M wird auch bei den sogenannten römischen Ziffern gebraucht, um die Zahl »1000« darzustellen. Die meisten von uns glauben den Grund zu kennen: Der Buchstabe ist ein Kürzel für das lateinische Wort »mille« (Tausend). Das klingt zwar logisch, muß deshalb aber nicht stimmen. Schon im 19. Jahrhundert reagierte der deutsche Geschichtsforscher Theodor Mommsen skeptisch auf diese einfache Lösung - und stellte selbst eine gewagte Theorie auf. Seiner Meinung nach benutzten die Römer für die Darstellung mancher Ziffern nicht Kürzel (etwa C = Centum, M = Mille) sondern ausrangierte griechische Buchstaben, die im lateinischen Alphabet keine Verwendung gefunden hatten. Das »theta«·- damals geschrieben als Kreis mit einem Punkt in der Mitte - verwandelten sie nach dieser Deutung in ein »C«, das ursprünglich ebenfalls mit einem Punkt versehen war. Aus dem »phi« - ein Kreis, von einem senkrechten Strich durchzogen, machten sie die Zahl »1000«. Das halbe »phi« - es sah aus wie ein »D« - erhielt den Wert »500«. Mit der Zeit, so Mommsen, veränderte sich dieses »phi« immer mehr, bis es zwei runden Hügeln ähnelte und schließlich dem heutigen M glich. Zugegeben, das klingt alles ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Für diese Theorie spricht aber die Tatsache, daß bereits die Etrusker diese Buchstaben als Ziffern einsetzten. Eigentlich gibt es vom M zwei Arten: Die eine steht vor einem Vokal - wie bei »Mama« und »Melodie« - und ist immer deutlich zu hören; die andere folgt nach dem Vokal - wie bei »Heim«, »Saum« und »Kram« - und klingt auch im Deutschen weniger genau und sogar nasal. Im Französischen tritt dies noch stärker zutage. Wenn ein Franzose »bomb« (Bombe) sagt, klingt das oft wie »bon« (gut). Manche Linguisten glauben, daß auch die Lateiner nasal sprachen. Die Vokabeln »punctum«, »ovum« (Ei) und »hominem« (»Mann« im Wen-Fall) klangen bei ihnen demzufolge wie »punktu'« , »ovu'« und »homine'«. Die Vorstellung ist gar nicht so absurd, und sie würde erklären, weshalb die Kasus-Endungen auf M in den romanischen Sprachen nach und nach verschwanden. Der Italiener sagt heute »punto«, »uovo« und »uomo«. Zur Zeit vom Kaiser Augustus wollte ein Grammatiker namens Verrius Flaccus einen eigenen Buchstaben ins Alphabet einführen, um den M-Ton am Ende eines Wortes darzustellen. Das Zeichen sollte wie ein M aussehen bei dem der letzte Senkrechtstrich fehlt. Er hatte nur wenig Erfolg damit. Schade. Denn das auslautende M ist im Alphabet wie ein unstabiles Element in der Chemie: Es kommt und geht ohne Rücksicht auf die Rechtschreibung - auch im Deutschen. Was wir »Komfort« nennen, war einst »Konfort«, und »sanft« schrieb man zur Zeit der Minnesänger »samfte«. Und wie wird man dereinst das bayerische »ham S' an Semf?« deuten? Ich möchte fast wetten, daß man es in 200 Jahren nicht mit »haben Sie Senf« wiedergeben wird! Der deutsche Historiker Theodor Mommsen sorgte im 19. Jh. für Aufregung Er widersprach der Theorie, die Römer hätten das M als Zeichen für die Zahl 1000 »erfunden« Nach seiner Meinung entstanden als Kürzel aus griechischen Buchstaben, die im lateinischen Alphabet keine Verwendung fanden Der Buchstabe N Die Phönizier haben das Zeichen zwar erfunden, aber die Griechen gaben ihm seine heutige Form Nahasch, so heißt auf Hebräisch die arglistige Schlange, die Eva im Garten Eden dazu verführte, eine Frucht von dem verbotenen Baum zu essen. Damit endeten - laut Bibel - für die Menschheit die paradiesischen Zustände. Der Ablauf dieses schwerwiegenden Ereignisses ist oft in der bildenden Kunst dargestellt worden: Die Schlange ringelt sich um den Baum und redet auf Eva ein, um sie zur Sünde zu verleiten. Fehlanzeige. Wahrscheinlich reckte das heimtückische Reptil seinen Kopf wie ein Frosch aus dem Wasser und rief lauthals nach oben, um Evas Aufmerksamkeit zu erregen. Denn im Hebräischen und dem eng mit ihm verwandten Phönizischen bedeutet »Nahasch« eigentlich »Wasserschlange«. Die Semiten waren von diesem Kriechtier offensichtlich sehr angetan. Wie anders ist sonst zu erklären, daß sie einen Buchstaben nach ihm benannten: das N. Seiner Form nach glich es der Zickzackbewegung einer Schlange. Doch dann taten die phönizischen Handelsreisenden, die damals das Alphabet in der Welt verbreiteten, etwas Rätselhaftes. Sie gaben dem neuen Schriftzeichen sehr schnell einen anderen Namen: Statt »Nahasch« nannten sie es »Nun«, was »Fisch« bedeutet. Immerhin blieben sie bei einem Wassertier. Leider haben die Sprachforscher noch keine Erklärung dafür gefunden, weshalb, die Phönizier den Buchstaben umtauften. Nur in dem weit abgelegenen semitischsprachigen Äthiopien beharrte man damals auf dem alten Namen. Bis heute heißt das N dort »Nachass«. Egal. ob als Fisch oder als Wasserschlange - das N war von Anfang an ein unentbehrliches Zeichen im Alphabet. Es gibt sicherlich keine Sprache, die auf diesen Laut verzichten kann. Bei den j Griechen, die den Buchstaben »Ny« nannten - in Anlehnung an das phönizische »Nun« - erhielt der Großbuchstabe das Aussehen unseres modernen N. So wurde das Zeichen ins etruskische und lateinische Schriftsystem übernommen. Seit jeher ist das N alles andere als ein »normales« Zeichen. Es führt nämlich wie sein Verwandter. das »M« eine Art Doppelleben. Einerseits wirkt der Buchstabe standhaft und solide. Und zwar dann, wenn er am Anfang eines Wortes steht, wie etwa bei »Nepomuk«. »Nanosekunde« und »Nilpferd«. Andererseits erscheint er höchst flatterhaft. Nämlich dann, wenn er auf einen Vokal folgt. In diesem Fall tauchte der Buchstabe bei der Weiterentwicklung mancher Sprachen völlig ab. Beispiel: Aus dem Lateinischen »instruire« (unterrichten), »inspectio« (Inspektion) und »transformare« (verwandeln) entstanden im Italienischen die N-losen »istruire«, »ispezione« und »trasformare«. Auch in den germanischen Sprachen findet man Spuren dieses wankelmütigen N: Die englischen Wörter »goose«, »five« und »soft« sind Verwandte der deutschen Begriffe »Gans«, »fünf« und »sanft«. Der Grund für diese Unbeständigkeit liegt in der Natur dieses Zeichens: Es gehört nämlich (wie auch das »M«) zu den sogenannten Nasallauten. Im Unterschied zu den meisten Lauten, die aus dem Mund kommen, werden die Nasale durch die Nase gesprochen. Machen Sie die Probe aufs Exempel: Halten Sie eine Spielkarte quer über Ihre Oberlippe, und drücken Sie sie gegen eine Glasscheibe. Wenn Sie den Laut »A« aussprechen, beschlägt die Scheibe unterhalb der Karte. Bei dem Wort »in« dagegen beschlägt sie oben und unten, weil sie ober- und unterhalb der Karte angehaucht wird. Interessant ist in diesem Zusammenhang: Das Wort »Nase« trägt in den unterschiedlichsten Sprachen häufig ein N. Hier nur ein paar Beispiele: »nasum« (Lateinisch), »ni« (Maya-Sprache), »nenä« (Finnisch), »burun« (Türkisch), »hana« (Japanisch), und »anf« (Arabisch). In manchen Sprachen, wie etwa der französischen, ist das Nasale besonders stark ausgeprägt: »Ils font de bons tons« (sie machen schöne Töne) klingt beinahe wie »il fo de bo to«. Aber auch der Deutsche spricht häufiger durch die Nase, als er vielleicht glaubt. Am stärksten merkt man es - behaupten wenigstens die Sprachforscher -, wenn er müde wird. Und es zeigt sich bei manchen Dialekten. Besonders M schwäbischen und bayerischen Sprachraum muß einst eine allgemeine Müdigkeit geherrscht haben, was die N-Laute betrifft, die auf einen Vokal folgen. »O'gfanga (Das N nach dem A bildet mit dem C einen eigenen Laut) hob i scho«, sagt der Bayer, wenn er »schon angefangen hat«. Das N taucht komplett unter - fast so vollkommen wie einst die Wasserschlange in Paradiesgarten. Der Buchstabe O Wenn ein Merowinger König lange genug geherrscht hätte, gäbe es heute auch im lateinischen Alphabet wie im griechischen das O zweimal Okeanos, aller Götter Ursprung und Samen: - in diesem Satz verberge sich das große Geheimnis der Existenz, behauptete jedenfalls ein griechischer Alchimist namens Zosimos von Panopolis im 4. Jahrhundert n. Chr. Der Grund dafür liege in dem ersten Schriftzeichen des Wortes »Okeanos«, in dem 0 also. Der Alchimist bejubelte diesen Buchstaben als »den gewundenen, zweiteiligen, der dem siebten Gürtel, dem des Saturn, entspricht...« Leider können wir nicht mehr feststellen, was der Mystiker mit dieser Formulierung ausdrücken wollte. Dagegen ist leicht zu erklären, weshalb er das 0 zum Gegenstand seiner Verehrung machte. Er meinte damit das griechische Schriftzeichen Omega. Seit der Autor der biblischen »Offenbarungen« das bekannte Jesuswort: »Ich bin das A und das 0, der Anfang und das Ende« niedergeschrieben hatte, nahm das Zeichen in den okkultistischen Kreisen der Spätantike und des frühen Mittelalters einen besonders hohen Stellenwert ein. Genau besehen heißt O-mega im Griechischen »großes O«. Es ist das Gegenstück zum O-mikron, dem »kleinen O«. Die Altgriechen unterschieden so stark zwischen einem gedehnten 0 (wie in »Boot«) und einem kurzen 0 (wie in »Motte«), daß sie glaubten, den Unterschied durch zwei verschiedene Schriftzeichen wiedergeben zu müssen. Auf diese Idee kamen sie allerdings erst einige Jahrhunderte nachdem sie die »kadmischen Zeichen« - wie sie die phönizischen Buchstaben nannten übernommen hatten. Zunächst einmal sorgten die zwei 0 -das große und das kleine - nur für Verwirrung. Denn die verschiedenen Stadtstaaten konnten sich partout nicht einigen, wie diese Buchstaben aussehen sollten. Darüber vergingen abermals Jahrhunderte, Im 4. vorchristlichen Jahrhundert war es dann endlich soweit: Das Omega erhielt seine bekannte hufeisenförmige Gestalt. Für das Omikron galt wieder die ursprüngliche Schreibweise des aus dem Phönizischen entliehenen Buchstabens. Bei den Semiten hieß er »Ain« und bedeutete »Auge« - daher die runde Form. Für die Phönizier stellte das Zeichen jedoch keinen O-Laut dar, sondern einen Klang, den es weder im Griechischen noch in einer der anderen indogermanischen Sprachen gab: Es war ein Kehllaut, eine Art Luftstoß, der tief im Rachen entsteht (im Arabischen ist er heute noch sehr verbreitet). Um eine Vorstellung zu bekommen, wie dieser Kehllaut klingt, versuchen Sie die Buchstabenkombination »ng« direkt am Adamsapfel auszusprechen. Für deutsche Ohren hört sich das sehr ungewohnt an. Zu den Etruskern kam das 0- als Teil des Alphabets - durch griechische Reisende. Und zwar zu einer Zeit, als die Griechen ihre beiden O-Laute noch mit einem einzigen Schriftzeichen wiedergaben. Aber die Zahl der 0 spielte für die Etrusker sowieso keine große Rolle, denn sie verwendeten diesen Vokal in ihrer Sprache nicht. Trotzdem behielten sie den Buchstaben bei - zumindest auf ABC-Tafeln. Niemand weiß, warum. Vielleicht brauchten sie ihn zum Schreiben von Fremdwörtern. Dafür gibt es aber keinen Beweis. Als die Römer das Alphabet von den Etruskern übernahmen, war das 0 also vorhanden. Und weil die lateinische Sprache reichlich mit diesem Laut ausgestattet war, fand das Zeichen schnell Verwendung. Mit dem O-Laut wurde auch der Letzte Versuch unternommen, dem lateinischen Alphabet einen weiteren Buchstaben einzufügen. Der Merowinger Chilperich I., König von Neustrien - er verfaßte Lyrik und theologische Werke machte um das Jahr 570 den Vorschlag, ein omegaförmiges Zeichen als gedehntes 0 einzuführen. Daraus wurde nichts, weil sich der Herrscher nicht lange genug für sein Vorhaben einsetzen konnte. Chilperich ließ nämlich seine Frau Glaswintha von einem Bediensteten in ihrem Bett erdrosseln, um seine Geliebte Fredegunde heiraten zu können. Daraufhin stachelte Glaswinthas Schwester, die westgotische Königin Brunhilde, ihren Mann Sigibert an, gegen seinen Bruder Chilperich einen Rachekrieg zu führen. Schließlich wurde Chilperich aus seinem Reich vertrieben - und 584 selbst ermordet. Christliche Symbole A (Alpha) und Omega (Omega) Sie stehen für das Wort Jesu: »Ich bin der Anfang und das Ende.« Die biblischen Bücher wurden in griechisch geschrieben und in diesem Alphabet ist das Omega der letzte Buchstabe Der Buchstabe P Ein interessantes Zeichen - Es verwandelte sich oft in einen anderen Buchstaben und war der Grund für die Entstehung der urgermanischen Sprache. »Phoinikes«, sagten die Altgriechen, wenn sie von jenem seefahrenden Volk, den Phöniziern, sprachen, von dem sie einst das Alphabet übernommen hatten. Der Name bedeutet »Purpurfarbige« und bezieht sich auf die Hauptindustrie dieser Semiten: Sie stellten purpurfarbene Textilien her. Die Farbe lieferte die Purpurschnecke, die dieses dunkle Rot ausscheidet. Sich selbst nannten die Phönizier allerdings »Kanaani«, also Kanaaniter. Genaunehmen waren sie aber keine »Phoinikes« (sprich »Foinikes«) sondern »P-hoinikes«. Die Griechen unterschieden sehr deutlich zwischen zwei P-Lauten. Der eine hörte sich an wie das uns vertraute P in »Papa« und »Peloponnes« und wurde II (Pi) geschrieben, der andere - den es im Deutschen nicht gibt- war eine Kombination von P und »H«, ähnlich ausgesprochen wie bei »Schnapphahn« (früher: Wegelagerer). Der Grieche sagte demnach »P-hilosoph« und »Apostrop-he« (Feierliche Anrede an eine Person oder Sache außerhalb des Publikums; auch die überraschende Hinwendung eines Redners zum Publikum oder zu abwesenden Personen), dabei war der Lufthauch so stark, daß man eine Kerze hätte auspusten können, Nach mehreren Jahrhunderten einigten sich die Hellenen für diesen Laut auf ein Sonderzeichen: das P-hi, (einen Kreis mit einem senkrechten Strich durch die Mitte). Doch in dem Hickhack war das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Phönizier kannten nur ein P, und das hieß »Pe«, ein semitisches Wort für »Mund«. Das Zeichen ähnelte einem nach links gekrümmten Hirtenstab, und deshalb spricht dieser Buchstabe gegen die Vermutung, daß der Name eines Zeichens und sein Aussehen unbedingt miteinander verknüpft sind. Man sucht vergebens nach einer Beziehung zwischen einem Krummstab und einem Mund. Das P ist unter den Buchstaben gewissermaßen eine Raupe. Aus äußerst rätselhaften Gründen hat es sich in den verschiedensten Sprachen immer wieder gewandelt. Oft wurde ein »F« daraus. So z.B. im griechischen Alphabet, das sein zweites P bereits vor zweitausend Jahren einbüßte. Und zwar das stark betonte P-hi. Es ist zu einem »fi« wie in »filosofos« und »apostrofe« geworden. Aus dem Arabischen ist das P sogar ganz verschwunden (wenn es jemals vorhanden war). Der Palästinenser heißt »filistini«, der Perser »faris«. Und die hebräische Sprache hat den Buchstaben schon immer sehr sonderbar behandelt: Er kann bei ein und demselben Wort als P oder als »F« artikuliert werden. So ist der ägyptische Herrscher im Alten Testament einmal ein »parao«, das andere Mal ein »farao«. Anhand dieses Pendelns zwischen P und »F« kann man auch etwas anderes Interessantes verdeutlichen: wie aus alten Sprachen neue entstehen. Das Deutsche ist ein gutes Beispiel dafür: Vor etlichen tausend Jahren wollte ein Stamm der Indoeuropäer - aus heute unbekannten Gründen - an einem Wortanfang kein P mehr sprechen. Der Buchstabe wurde durch einen »F«-Laut ersetzt Das war die Geburtsstunde des Urgermanischen, Das griechische »poly« und das gotische »filu« (beides bedeutet »viel«) bezeugen diese Veränderung, ebenso das lateinische »pes« und das griechische »pos«, die mit dem deutschen »Fuß« verwandt sind. Sprachhistoriker haben dieses Auseinanderdriften mit dem Begriff »erste Lautverschiebung« gekennzeichnet. Nach dem Untergang des römischen Reiches ereignete sich dieses Phänomen aber zum zweiten Mal. Im Lauf von ca. zwei Jahrhunderten breitete sich unaufhaltsam eine neue (zweite) Lautverschiebung im heutigen deutschen Sprachraum aus - besonders in den Gebieten südlich und östlich der Rhein-Main-Linie.Aus diesen Veränderungen entstand wieder eine Sprache: Das Hochdeutsche. Dabei spielte das P abermals eine wichtige Rolle. Denn der germanische harte P-Laut (er war übrigens in der Zeit vor der ersten Lautverschiebung aus einem »B«-Laut entstanden) schwächte sich nunmehr zu einem »pf« ab. Aus »piper« wurde im Althochdeutschen »pfeffar«, aus »plegan« »pflegan«, und aus »scarpa« entstand »scarpf« (scharf). Folgte der Buchstabe auf einen Vokal, wurde das P zu einem »F«: aus »slepan« wurde »slafen« und »skipa« veränderte sich zu »skif« (Schiff). Heute spricht man von einer »Dorf/Dorp-Linie« die sich durch Deutschland zieht und die Grenze zwischen Hoch- und Niederdeutsch anzeigt, Als letztes noch ein Schuß Lebensweisheit unserer Altvordern. »Vier P soll jeder ehren«lautete eine Devise des Bildungsbürgertums im Deutschland des letzten Jahrhunderts: »Patriam, Parentes, Praeceptorem, Praetorem« (Vaterland, Eltern, Lehrer, Politiker). In einer etwas abgeänderten Version warnte der Berliner Germanist Gustav Roethe (1859 - 1926) dann später vor »drei schlimmen P: Parlament, Presse und Pöbel«. Der Buchstabe Q Die Griechen übernahmen das Zeichen zwar von den Phöniziern, konnten damit aber auf Dauer nichts anfangen. Erst die Etrusker erkannten seinen Wert »Qadmos« müßte eigentlich jener Held heißen, der - dem griechischen Mythologie - die phönizischen Buchstaben nach Hellas gebracht hat. Er war ein Sohn des Phönizierkönigs Agenor. Auf der Suche nach seiner Schwester Europa kam Qadmos nach Hellas, gründete auf Befehl des delphischen Orakels die Stadt Theben und wurde dort König. Die Griechen schrieben seinen Namen jedoch mit einem »K«, also Kadmos. Das Q wäre zwar richtig gewesen, denn der Königssohn war der »Mann aus dem Osten«, und Osten heißt in der kanaanitischen Sprache »qedem«. Aber die Griechen konnten den Namen nicht korrekt aussprechen. Der semitische Q-Laut kam weder im Griechischen noch in einer anderen indogermanischen Sprache vor. Auch heute überfordert die Wiedergabe dieses Lautes die Fähigkeiten vieler Menschen unserer europäischen Kultur. Um das Q einigermaßen richtig auszusprechen, muß man ein »K« unmittelbar am Adamsapfel artikulieren. Es ist gelungen, wenn das Resultat wie das Klopfen auf eine leere Tonne klingt. Für die Araber ist das Q ein Kinderspiel. Ihre Sprache kennt den Kehllaut seit jeher. Der Koran, das heilige Buch des Islams - bei uns mit einem »K« am Wortanfang -,wird in der arabischen Welt »Qor'an« geschrieben. Wenn man Arabisch spricht, muß man jedoch sehr genau auf die Aussprache achten. Das »qalb«(Herz) wird, wenn es falsch aus der Kehle kommt, zu »kalb« (Hund), im Orient ein böses Schimpfwort. Bei den Phöniziern hieß der Buchstabe »Qof«. Wie schon oft, wissen die Sprachforscher auch hier nicht, ob es sich um ein semitisches Wort oder eine Wortverstümmelung aus einer anderen, uns unbekannten Sprache handelt. Vielleicht bedeutet es »Hinterkopf«. Dann würde das »Qof« zu den Schriftzeichen gehören, deren Name sich auf einen Körperteil bezieht: z.B. »Jad« (Hand), »Pe« (Mund) und »Ajin« (Auge). Am treffendsten - aber unwahrscheinlichsten - wäre die Bedeutung »Nadelöhr« (»Quf« auf Hebräisch). Die ursprüngliche Form des Buchstabens erinnert nämlich sehr an eine Nadel mit Ohr: ein »0«, von dessen Unterseite senkrecht ein Strich abging, der wie eine Nadel aussah. Die Griechen nannten das Zeichen »Qoppa«. Heute sucht man in ihrem Alphabet vergebens nach einem Buchstaben dieses Namens. Er wurde bereits vor 2500 Jahren ersatzlos gestrichen. Insgesamt 22 Schriftzeichen hatten die Griechen von den Phöniziern übernommen und wollten sie ihrer eigenen Sprache anpassen. Das warf Probleme auf, weil die beiden Sprachen sehr unterschiedlich waren. Für manche ihrer Laute fanden die Griechen überhaupt keine Zeichen (etwa »PS« und »KS«), während sie für andere die Qual der Wahl hatten. Zu letzteren gehörte das »Qoppa«. Es klang in den Ohren vieler Hellenen wie ein »K« (Kappa). Um die Schriftzeichen sinnvoll einzusetzen, entschlossen sich die ersten schreibkundigen Griechen, das »Kappa« nur vor dem »A« und das »Qoppa« vor »0« und »U« zu verwenden. Doch die Lösung befriedigte nicht ganz. Vielleicht war sie zu umständlich. Also einigte man sich auf ein Schriftzeichen für beide Laute: das »Kappa« blieb übrig, das »Qoppa« verschwand aus dem Alphabet. Offensichtlich war das alte System noch in Gebrauch, als hellenische Kaufleute ihren etruskischen Kollegen die kadmischen Schriftzeichen beibrachten. Die Etrusker übernahmen sie pauschal. Und was das Q betrifft, schlugen sie einen schicksalhaften Weg ein: Weil sie keinen »O«-Laut kannten, gebrauchten die Etrusker das Q nur in Kombination mit dem »U«. Dieses QU-Gespann ging im 7. vorchristlichen Jahrhundert von den Etruskern auf die Römer über. Es kam ihnen sehr gelegen. Mit diesen beiden Buchstaben konnten sie eine im Lateinischen weit verbreitete Konsonantengruppe schriftlich wiedergeben: den Klang, den man bei Wörtern wie »quantum«, »quaere«, »quos« und »quintus« hört. Nur aus diesem Grund erhielt das QU seinen Platz in unserem Alphabet. Der Buchstabe R Ein Doktorand an der Hamburger Universität prophezeite 1938, das R würde bald aus der deutschen Sprache verschwinden .., Rudolf Schulthess (1802 - 1833) ist heute sicherlich nicht mehr berühmt. 1830 veröffentlichte der jung verstorbene Wissenschaftler sein wohl einziges und bestimmt nur noch selten gelesenes Werk: »Das Stammeln und Stottern«. Es lohnt sich dennoch, einen Blick in sein Buch zu werfen. Denn in dem 200 Seiten umfassenden Werk ,»über die Natur, Ursachen und Heilung dieser Fehler der Sprache«hat der Autor einen interessanten historischen Hinweis zur Aussprache des Deutschen hinterlassen. Schulthess berichtet nämlich über eine »Modethorheit«, die ihn damals in Rage brachte: »Auch in Deutschland, besonders im Nördlichen, kommt es häufig vor, in Dänemark fast allgemein«, schrieb er. Die Rede ist vom Zäpfchen-R. »Richtig«, »rechtschaffen«, »Rohrnudel«, »Reservoir« sind Wörter, die man heute im Deutschen - zumindest in der Hochsprache - mit einem Flattern der Uvula (des Gaumenzäpfchens) gegen den Zungenrücken anlautet. Zu Schulthess' Zeiten war dieses R jedoch ein Neuzugang in der deutschen Sprache. Genauer gesagt: Es kam als Import aus Frankreich. Fast überall ersetzte es das althergebrachte Zungenspitzen-R, das man heute nur noch in Dialekten wie dem Bayrischen und dem Schwäbischen hört. Bekanntes Beispiel: die bayerische Fernsehmoderatorin Carolin Reiber. Ihr gerolltes Zungenspitzen-R wurde zu ihrem Markenzeichen. Das R wird - ebenso das »L« - von den Sprachwissenschaftlern als »Liquidum« klassifiziert, als »Fließlaut«. Er entströmt dem Mund wie Wasser, und man kann ihn beliebig lange sprechen (d.h. bis einem die Puste ausgeht). 96 Prozent aller Sprachen der Welt enthalten wenigstens einen dieser Buchstaben; 72 Prozent benutzen das R und das »L«. Vielleicht ist die »wäßrige Qualität« dieses Lautes der Grund für die vielen Variationen seiner Aussprache. Er scheint der modeanfälligste aller Buchstaben zu sein. Linguisten berichten beispielsweise, daß das Durchschnitts-R in der deutschen Aussprache vor ca. 50 Jahren zehn Anschläge lang flatterte, in unserem jetzigen kurzweiligen Zeitalter sind es nur noch ein bis drei. 1938 behauptete ein Doktorand an der Hamburger Universität namens H. Möhring in seiner Dissertation »Lautbildungsschwierigkeit im Deutschen«: Das R nach einem Vokal, wie z.B. in »hört«. »Wurst« und »Ursel«, sei wohl der schwierigste Laut in der ganzen deutschen Sprache. Viele Menschen seien überhaupt nicht in der Lage, ihn auszusprechen. Sie sagen statt dessen »höat«, »Wuast« und »Uasel«. Möhring prophezeite, daß der Laut deshalb aus der deutschen Sprache verschwinden werde. Bisher hat er nicht recht behalten. Die Phönizier kannten nur einen R-Laut. Sie artikulierten ihn mit der Zungenspitze und nannten ihn »resch«, zu Deutsch: Kopf. Die Form dieses Schriftzeichens ähnelte einem nach links gerichteten »P«. Als die Griechen den Buchstaben übernahmen, verwendeten auch sie ihn als R drehten ihn aber nach rechts. Ins lateinische Alphabet hielt das so geformte Zeichen jedoch als »P« Einzug. Zu jener Zeit wurde sowohl griechisch als auch lateinisch geschrieben. Chaos drohte. Also verpaßte man dem Buchstaben ein zweites Bein - und erhielt das lateinische R Übrigens: Die Phönizier verfügten selbst über zwei Zeichen, die dem Zäpfchen-R glichen. Nur sahen sie in ihnen keine R-Laute. Eines - in der Form ähnelte es dem »Ain« (siehe »Der Buchstabe O) - sprachen sie als Kehllaut aus und nannten es etwa »Rain«. In dem anderen sahen sie einen Verwandten des »Gimmel«. Sprachforscher nennen das Zeichen deswegen »Ghimmel« - gesprochen: »Rimmel«. Soviel zur babylonischen R-Verwirrung. In die meisten Sprachen ist das R jedoch eindeutig als Zungenspitzenlaut eingegangen. Nur Deutsch, Französisch und Englisch bilden die großen Ausnahmen. Mittlerweile ist die Aussprache des englischen R allerdings fast einzigartig und für Ausländer besonders schwer zu meistern. Denn es entsteht nicht mit Hilfe von Zunge oder Zäpfchen, sondern durch ein kompliziertes Zusammenspiel des Zungenrückens und der Lippen. Viele Deutsche meinen, es klingt so, als würde man den Mund voller Murmeln haben. Dieses moderne englische R ist aber nicht mehr das der Angelsachsen oder gar des englischen Mittelalters. Als »R der dritten Art« kam es wohl durch den Einfluß der Kelten ins Englische. Diese alten Bewohner der britischen Inseln sprachen ihr R sehr weich aus. Ihre Nachfahren, die Waliser und Iren, wurden im Lauf der Geschichte (politisch bedingt) immer stärker gezwungen, die Sprache der englischen Herren anzunehmen - und ihr heimischer, keltischer Laut floß in die Fremdsprache ein. Der Buchstabe S Weil unseren Vorfahren das normale S nicht erfanden sie das scharfe B. Jetzt wird es zum Problem. Stellen Sie sich vor, die Beziehungen zwischen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen wären nicht die besten. Wer die Grenze bei Osnabrück passieren will, wird vom niedersächsischen Zollbeamten aufgefordert, »Spitzer Stein« zu sagen. Hört der Grenzbeamte als Antwort »Schpitzer Schtein«, dann weiß er, daß es sich bei der Person um einen Eindringling handelt. So ungefähr muß die Situation zwischen den Gileaditern und den Ephraimitern - beschrieben im Alten Testament (Richter, Kap. 12) - gewesen sein. Wollte ein Flüchtling aus Ephraim die Grenze zu Gilead passieren, mußte er das hebräische Wort »Schibboleth« (Ähre) aussprechen. Klang es wie »Sibboleth« (mit S gesprochen), wurde der Asylsuchende auf der Stelle erschlagen. Linguisten haben festgestellt, daß 83 Prozent aller Sprachen über ein S verfügen. Doch wie die obigen Beispiele bestätigen, scheint dieser Laut für manche Völker - zu ihnen zählen offenbar auch die Deutschen - unglaublich schwer auszusprechen zu sein. Besonders wenn er am Wortanfang steht. Das war allerdings, zumindest was die Deutschen betrifft, nicht immer der Fall. Die Althochdeutsch sprechenden Westgermanen waren durchaus in der Lage, »swin«, »skriban« und »slafan« mit einem S zu artikulieren. Ihre Nachkommen wurden aber sprechfaul. Nach und nach sagten sie - außer im nordwestdeutschen Sprachgebiet - »Schwein«, »schreiben« und »schlafen«. Kein Wunder. Die Sprachforscher sind sich einig: Das S erfordert - mehr als jeder andere Laut - die allerhöchste Genauigkeit, damit es richtig klingt. Es wird schnell unscharf, wenn die Wechselwirkung zwischen Zunge und Schneidezähnen nicht perfekt übereinstimmt. Spielraum gibt es keinen. Liegt die Zunge zu weit vorn, wird aus dem S ein Lispeln. Die Spanier haben aus dieser Not sogar eine Tugend gemacht. Im heutigen Spanisch werden Wörter wie »cinco« (Fünf) und »zapato« (Schuh) allgemein mit einem Lispeln angelautet. Liegt die Zunge zu weit hinten, entsteht das deutsche »Sch«. Die Schwierigkeit beim Aussprechen des S wird deutlich, wenn man den Laut spektrographisch analysiert. Er hat nämlich die höchste Frequenz, die der Mensch sprachlich produzieren kann: 4000 Hertz. Deshalb hört man bei der Aussprache bisweilen leichtes Pfeifen. Zum Vergleich: Ein Klavier erreicht beim höchsten Ton nur 3520 Hertz. Die Phönizier waren offensichtlich besonders begabte S- Sprecher. Ihr Alphabet enthielt vier unterschiedliche Laute: 1) das »Samech«. Man weiß nicht mehr, was das Wort einst bedeutete. In der Aussprache glich es wahrscheinlich dem »B«; 2) das »Sade«. Auch dieser Begriff ist nicht mehr bekannt. Gesprochen gilt es als emphatisches S. Den Laut hört man heute noch im Urdu, im Bengali und auch im Arabischen, aber nicht in westeuropäischen Sprachen; 3) das »Schin«. Es bedeutete »Zahn« und entsprach dem deutschen »Sch«; 4) das »Sin«. Es war ein Ableger de »Schin«. Seine Aussprache lag wohl zwischen dem »Sch« und dem S. Die Griechen hatten also die Qual de Wahl, als sie sich ein Schriftzeichen für ihr S aussuchen mußten. Das »Schin« schied schnell aus, weil die griechische Sprache kein »Sch« kannte. Auch das »Sade« wurde verworfen. Das »Samech« dagegen funktionierten die Griechen zum »Ksi« um (als »Ks« gesprochen wie bei Xenia); ein Laut, den die Phönizier nicht kannten. Schließlich entschieden sie sich für das »Sin« und nannten es in ihrer Sprache »Sigma«, »Sigmos« bedeutete im Altgriechischen »Zischen« (Ob das der Ursprung des Namens ist, sei dahingestellt.) Der Form nach ähnelte der Buchstabe einem »M«, das nach links gedreht worden war und dessen unteres »Beinchen« nach rechts auslief. Dieses Schriftzeichen übernahmen die Lateiner von den Etruskern, um ihren eigenen S-Laut darzustellen. Ihrer Version fehlte jedoch das untere »Beinchen«. Mit der Zeit rundeten sie das zackige Zeichen ab, bis es schließlich die uns bekannte Gestalt erhielt. Übrigens leisteten die Deutschen einen eigenen Beitrag zur Geschichte des S. Im 14. Jahrhundert erfand ein heute unbekannter Grammatiker einen neuen Buchstaben, den er aus einem S und einem »Z« zusammensetzte: das «Eszet«. Diese Neuheit sollte als scharfes S (B) dienen, weil es so einen Laut damals in der deutschen Sprache nicht gab. Seit 600 Jahren beweist dieser Buchstabe seine Nützlichkeit. Erst jetzt im Informationszeitalter scheint er zum Hindernis zu werden. Das weiß jeder, der schon einmal ein »B« in einer Botschaft im Netzwerk geschrieben hat. Es kommt nicht als »B« an, sondern als irgend ein beliebiges Zeichen. Das Cyberspace versteht eben nur das ursprüngliche lateinische Alphabet. t Der Buchstabe U Dieser »dunkle« Vokal ist im Alphabet einige Male auf und ab gewandert, bis er seinen endgültigen Platz gefunden hat Und jetzt die Fangfrage des Monats: Wie viele verschiedene Vokale findet man in den Sprachen der Welt? 15? 20? 251 Unfaßbar, aber wahr: Sprachwissenschaftler haben herausgefunden, daß es 2549 nachprüfbare unterschiedliche Vokallaute gibt. Zugegeben: diese Zahl enthält viele nahe Verwandte, das heißt feine Schattierungen von Selbstlauten, die jedoch anders klingen als der Ursprungs-Buchstabe. Allerdings sind Sprachen, was ihre Vokale betrifft, sehr individuell »veranlagt«. Manche - zum Beispiel das Aranda in Australien und das Grönländisch der Eskimos - kommen mit nur drei Selbstlauten aus. Das Khoisan der Buschmänner verfügt dagegen über 24. Auch Deutsch, das 15 verschiedene Vokale verwendet, zählt (wie Norwegisch und Englisch) zu den vokalreichen Sprachen dieser Erde. Aber das eigentliche Thema ist der letzte Vokal unseres Alphabets: das U. Schon beim Buchstaben »F« war die Rede von diesem dunklen Vokal. (Sogar die Gespenster in Micky-Maus-Heften dröhnen stets mit einem bedrohlichen »Uuuuuh« und nie mit einem »Iiiiiiih« oder »Aaaah«.) Im phönizischen Alphabet stand das U an sechster Stelle. Es hieß »Waw« und wurde »uau« gesprochen, wie das »W« im Englischen »window«. Den Phöniziern diente der Buchstabe als Konsonant und vokalisches U. Das Zeichen bedeutete »Nagel« und erinnerte in seiner Form - ein liegendes Hörnchen, gestützt auf ein senkrechtes Beinchen - tatsächlich an einen antiken Nagel. Die Geschichte des »Waw« wirft ein Licht auf die geheimnisvolle Sinaischrift, jenes frühe semitische Alphabet, das man Anfang des 20. Jahrhunderts auf der Sinai-Halbinsel an mehreren Orten entdeckt hat. In diesem Alphabet ähnelt das Zeichen seinem phönizischen Gegenstück überhaupt nicht: Es ist ein senkrecht gespaltener Kreis. Trotzdem scheint das »Waw« Verwandte gehabt zu haben. Denn das »Uau« (wie es heute noch heißt) des arabischen und des äthiopischen Alphabets erinnert sehr daran. Archäologen vermuten, daß die Midianiter - ein nomadischer Stamm, der zu biblischen Zeiten die Sinai-Halbinsel durchwanderte - mit ihren Handelskarawanen auch die Sinaischrift auf die arabische Halbinsel gebracht haben. Die antiken Griechen konnten mit einem »Uau«-Laut wenig anfangen. Sie setzten an die sechste Stelle ihres Alphabets einen neuen Buchstaben, das »F«. Die Form des Zeichens behielten sie allerdings bei. Sie schrieben ihr "Ypsilon« wie ein phönizisches U und benutzten es als »O«-Laut. Im Aussehen glich der Buchstabe in einigen regionalen Schriftarten bereits unserem heutigen »Y«. In manchen Gegenden jedoch büßte es im Lauf der Zeit sein Beinchen ein, bis es nur noch als »V« dastand. Diese Form hatte der Buchstabe, als ihn die Etrusker und nach diesen die Römer übernahmen. Infolgedessen war das »V« nach römischem Brauch häufig als U zu verstehen - wie in »PAVLVS« (mehr darüber bei den Buchstaben »V« und »W«). Erst im 4. Jahrhundert, als die »Unzialen« - zollgroße, abgerundete Buchstaben - in Mode kamen, nahm das U seine heutige Gestalt an und ist so in die deutsche Schrift eingegangen. Nur: Das Deutsche stellte, was diesen Vokal betrifft, ganz spezielle Anforderungen. Das Althochdeutsch verfügte über einen zweiten U-Laut: das »Ü« (ebenfalls über ein »Ä« und ein »Ö«, die sogenannten Umlaute). Um eine mögliche Verwirrung auszuschließen (denken Sie an »Muli« und »Müll«), krönten die Schreiber in den Klöstern schon im Mittelalter die Umlaute mit einem kleinen »e«. Diese Gewohnheit blieb auch nach Erfindung des Buchdrucks bis ins 18. Jahrhundert erhalten. Nur in Süddeutschland ging man einen anderen Weg. Dort setzten die Drucker ab dem 15. Jahrhundert zwei Punkte auf das U, wenn z.B. »Buab« und nicht »Bub« gelesen werden sollte. Das »Ü« wurde mit einem kleinen »e« über dem U geschrieben. Erst Ende des 18. Jahrhunderts einigten sich die Germanisten auf die heutigen Umlautregeln. Zum Schluß noch ein wenig Buchstaben-Psychologie. Der amerikanische Sprachforscher Morris Swadesh war fest davon überzeugt, daß gewisse Vokale auch noch eine andere Bedeutung haben, unabhängig von der Sprache, zu der sie gehören. So glaubte er, daß »I«-Laute Nähe ausdrücken, »A«- und »U«-Laute dagegen Ferne. Der Buchstabe V Ein Zeichen mit einem harten Schicksal Es wurde verstümmelt, sollte verschwinden und mußte besonders im Deutschen um seine Stellung bangen Vielleicht würde es diesen Buchstaben gar nicht geben, wenn der römische Kaiser Claudius (Regierungszeit 41 - 54 n. Chr.) seine Rechtschreibreform durchgesetzt hätte. Das V führte im Lateinischen ursprünglich ein Doppelleben: Es war als Vokal (»U«) und als Konsonant (gesprochen wie das englische »doubleyou«) im Einsatz. Deshalb setzte der Kaiser ein brandneues Schriftzeichen ein, das ausschließlich als Konsonant dienen sollte: ein auf den Kopf gestelltes und nach links blickendes »F«. Steintafeln aus Pompeji bestätigen, daß der neue Buchstabe tatsächlich angewandt wurde. Trotzdem schlug die Reform aus heute unbekannten Gründen fehl, das Zeichen verschwand wieder. Wahrscheinlich war das gut so. Ohne den Buchstaben V wäre die moderne Welt um ein mächtiges Symbol ärmer: Winston Churchills berühmtes Fingerzeichen. Sein im Zweiten Weltkrieg erfundenes V für »Victory« (Sieg) erfreut sich bei Patrioten aller Schattierungen immer noch großer Beliebtheit. Eigentlich ist das V ein verstümmeltes »Y«. Als die Westgriechen das alte y-förmige »Uau« der Phönizier übernahmen, schnitten sie ihm das senkrechte Beinchen ab. Die Etrusker, die das Alphabet bei den Westgriechen abguckten, übernahmen den Buchstaben in dieser Gestalt - und ebenso die Römer nach ihnen. Jahrtausendelang diente dieses Schriftzeichen - allen Reformen zum Trotz - als Konsonant und als Vokal. Zunächst glich es im Aussehen einem heutigen K ab dem 4. Jahrhundert einem »U«. Das lateinische Wort »uva (Traube) hat man folglich entweder »uua« oder »vva« schreiben können -je nachdem, welche Möglichkeit gerade in Mode war. Erst im 17. Jahrhundert wurden die beiden Buchstaben endgültig voneinander getrennt. Die größten Wandlungen machte das UN allerdings nicht in seinem Aussehen, sondern in seiner konsonantischen Aussprache durch. Bei den Römern der klassischen Zeit hieß es »uau«. wie einst bei den Phöniziern auch. »Ueni uidi uiki« (»Ich kam, ich sah, ich siegte«) lautete Julius Cäsars berühmte Losung. Im 5. Jahrhundert sprach allerdings niemand mehr wie zu Cäsars Lebzeiten. Dank einer Lautverschiebung hatte sich das U/V längst in einen »We«-Laut verwandelt, und man sagte mittlerweile »Weni widi witschi«. Als »We«-Laut wurde das Schriftzeichen ins Italienische, Französische und Rumänische übernommen. (In manchen spanischen Dialekten ist es heute fast zu einem »be« geworden: »vente«. d.h. »zwanzig«, klingt in Mexiko wie »bente«.) In der deutschen Sprache war die Stellung des U/V jahrhundertelang besonders unübersichtlich. Im Althochdeutschen kommt es verhältnismäßig selten vor. Wörter, die heute mit einem V geschrieben werden, schrieb man damals mit einem »F«. Zum Beispiel: »Fihu« (Vieh), »filu« (viel), »fior« (viel »firwizan« (verweisen), »firiwizzi« (Vorwitz). Und die Könige Karl der Kahle und Ludwig der Deutsche schworen im Jahr 842 in den historischen Straßburger Eiden gegen ihren Bruder Lothar : »In godes minna ind in thes christanes folches« (»Gott zuliebe und des christlichen Volkes«). Im Mittelhochdeutschen verhielt es sich dann genau umgekehrt. Man weiß nicht sicher, weshalb - aber plötzlich war das »F« aus der deutschen Orthographie so gut wie verschwunden und das V breitete sich aus: »Vrouwe« (Frau), »vriunt« (Freund). »vinden« (finden), »vuoz« (Fuß), »vilvraz« (Vielfraß), ~valsch« (falsch) und »vride« (Friede). Jetzt war diese Schreibweise normal. ( Germanisten behaupten, daß das mittelhochdeutsche V im Gegensatz zum damaligen »F« leicht stimmhaft war und daß es im Laufe des 13. Jahrhunderts zunehmend stimmlos wurde. Wie auch immer - schon im 15. Jahrhundert waren die meisten V- Wörter fast völlig aus dem deutschen Wortschatz verschwunden. Übrig blieben Relikte wie: von. vor, viel. Vater, Veilchen vier, Volk, Vogel, voll, Vieh und die Vorsilbe ver-. Übrigens: Das Deutsche und das Holländische scheinen die einzige Sprachen zu sein. die das V meistens a »F«-Laut und nur selten als »We«-Laut anwenden. Und noch ein anderes V gilt es zu erwähnen: jenes Zeichen, das die Römer benutzten, um die Zahl 5 wiederzugeben. Es steht in keinerlei Beziehung zu dem Buchstaben. obwohl manche Forscher gemutmaßt haben. daß es möglicherweise von den V im lateinische »QVINQVE« (5) abzuleiten wäre. Des Rätsels Lösung ist viel einfacher: Dieses V ist die Hälfte eines »X«, des römische Zahlzeichens für 10.. Der Buchstabe W er entstand, damit die Römer einen exotischen germanischen Laut ausdrücken konnten. Und ein Exot ist das Zeichen bis heute geblieben. Es existiert nur in vier europäischen Sprachen Wie klingt es für einen Engländer ,wenn ein Deutscher Englisch spricht? Ihm fallen sofort drei Besonderheiten auf: 1. Anstatt des weichen englischen »R« ist das deutsche »Rachen-R« zu hören; 2. der Deutsche spricht ein »S~ für das englische »th«; und 3. das englische W(»Double-u« genannt) wird im deutschen Mund zu einem stimmhaften Reibungslaut - wie das »V« im Englischen »Ve vant vot you vant«, sagt der Deutsche nach englischer Vorstellung, wenn er den Satz ausspricht: »We want what you want« (Wir wollen, was Sie wollen). Weshalb das englische den deutschen Lippen so schwerfällt, bleibt ein Rätsel. Denn die Deutschen sind durchaus in der Lage, diesen Laut richtig zu artikulieren. Denken Sie an die Endung »uen« in »Frauen«, »schauen« und »hauen«, früher »frouwen«, »schouwen« und »houwen« geschrieben; oder an das bayrische »wos wui'st« (was willst du). Und sie beweisen auch ständig daß sie des englischen »Double-u« mächtig sind Sie tun es nur an der falschen Stelle: Sie sagen »uery« und »uictory« für das Englische »very« und »victory«. Dabei war das einmal ganz anders. Das Deutsche gehörte einst - mit dem Englischen und dem Gotischen - zu den Sprachen, die über ein W(wie »Double-u«) verfügten. Die Römer, die diesen Laut in ihrer Sprache nicht kannten, haben eigens dafür ein Schriftzeichen erfunden, damit sie gotische Wörter, die mit einem W begannen, ins Lateinische übertragen konnten. Den gotischen Eigennamen »Wilia« schrieben die Lateiner beispielsweise »wilia« oder »uuilia«. Die Goten selbst benutzten ein Alphabet, das sie aus dem griechischen und einigen zusätzlichen Runenzeichen zusammengebastelt hatten. Sie setzten das »Ypsilon« ein um ihr W wiederzugeben. Als die Westgermanen - Bewohner des Festlands und der angelsächsischen Insel um das 8. Jahrhundert anfingen, ihre Sprachen schriftlich festzuhalten, entschieden sie sich für das lateinische Alphabet. Sie benutzten ebenfalls das doppelte »U« bzw. »V« der römischen Schreiber, um das »uo« in »uuolf« (Wolf) und »uuotan« (Wotan) und das »ua« in »uuagen« (Wagen) niederzuschreiben Das W entstand also, damit die Römer einen exotischen germanischen Laut ausdrücken konnten. Und ein Exot ist dieser Buchstabe bis heute geblieben. Denn nur Deutsch, Englisch, Holländisch und Polnisch (bei letzterem allerdings als Lehnschriftzeichen aus dem Deutschen) zählen zu den europäischen Sprachen, die ein W enthalten. In den romanischen Sprachen kommt es nur in Verbindung mit germanischen Fremdwörtern vor. Nach wissenschaftlichen Erhebungen verfügen jedoch 76 Prozent aller Sprachen - zum Beispiel Phönizisch Ägyptisch, und noch viele andere nicht europäische - über einen »Ue«-Laut. Nur in Europa macht er sich eigenartigerweise rar. In der Sprachforschung gilt das W übrigens als Halbvokal bzw. Halbkonsonant, weil es von beiden etwas hat. Im Lauf der Jahrhunderte veränderten sich die deutschen Sprachgewohnheiten jedoch Immer mehr Deutschsprechende artikulierten - im Gegensatz zu den Angelsachsen - das halbkonsonantische W wie einen vollen Konsonanten. So wurde aus dem »Ue« allmählich ein We. Warum das geschehen ist, kann man leider nicht mehr nachvollziehen. Fest steht nur: Bereits um 1300 galt die alte Sprechweise als antiquiert. »Wolf«, »Wotan und »Wagen« klangen ab dann schon so wie heute. Nebenbei bemerkt: Der ursprüngliche »Double-u«Charakter des deutschen W erklärt wie das Dialektwort »mir« für »wir« entstanden ist: Beide Wörter sind Bilabiale, d.h. sie werden mit beiden Lippen geformt. Wenn man »wir (sprich »uir«) etwas faul dahernuschelt. wird es schnell zu einem »mir«. Jetzt bleibt nur noch übrig, die althergebrachten »drei bösen W« zu nennen Darunter verstand man in früheren Jahrhunderten meistens »Wein«, »Weib« und »Würfel«. Der Buchstabe X Xanthippe war ein böses Weib, der Zank war ihr ein Zeitvertreib, berichtet der Vers aus einer alten Alphabetfibel. Der Name der berühmt-berüchtigten Gemahlin des griechischen Philosophen Sokrates dient seit jeher als Inbegriff der streitsüchtigen Ehefrau. Wohl eher zu Unrecht, möchte man meinen, wenn man sich vorstellt, wie das Zusammenleben mit dem besserwisserischen, profilsüchtigen Sokrates ausgesehen haben mag. Immerhin behauptet ein zweiter alter Satz: Xanthippen werden nicht geboren. Doch der Name von Sokrates' Gattin spielt noch eine ganz andere Rolle, die mit antiken Eheproblemen nichts zu tun hat. Er wird nämlich von Alphabet-Versautoren gern als Verlegenheitslösung gebraucht, damit man in der deutschen Sprache mit diesem komischen Buchstaben überhaupt einen Satz beginnen kann. Denn das X ist sicherlich das seltenste aller Schriftzeichen, und nur wenige deutsche Wörter keines davon einheimisch - fangen mit einem X an (eine Ausnahme bildet die Stadt Xanten, die allerdings im Mittelhochdeutschen Santen hieß). Denken Sie z.B. an Xanthophyll (ein Naturfarbstoff), Xenien (Begriff aus der Genetik und der Literatur), Xerodermie (eine Hautkrankheit) und Xylem (Holzteil des Leitbündels eines Baumes). Der Buchstabe gehört zu den Schlußlichtern unseres Alphabets - ein klarer Hinweis darauf, daß er den Erfindern der Schrift als späterer Nachtrag eingefallen ist. Die Etrusker, von denen unser Alphabet stammt, kannten das überhaupt nicht. Es taucht zum ersten Mal bei den Lateinern auf, die den Außenseiter einsetzten, um die Lautkombination ks wiederzugeben: z.B. in Wörtern wie Lex (Gesetz), Uxor (Ehefrau), exe (von, aus) und nux (Nuß). Allerdings findet man im Lateinischen kein einziges einheimisches Wort, das mit einem X anfängt. Die Römer hatten das Zeichen von ihren westgriechisch sprechenden Nachbarn übernommen. Und damit wird die Geschichte dieses Buchstabens ein wenig kompliziert. Denn die Griechen verfügten in ihrem Alphabet über zwei verschiedene X: Im westlichen Sprachgebiet - etwa in Böotien und Arkadien hieß dieser Buchstabe Xi und drückte einen ks-Laut aus. Im Osten dagegen - also in Athen, Milesien und Korinth - stellte das Schriftzeichen einench- Laut dar (wie in Christos) und hieß Chi. Erst im Jahr 403 v. Chr. wurde das Problem bereinigt. Damals führten die athenischen Politiker Archinos und Eukleides eine Schriftreform durch. Sie erhob die ionische (ostgriechische) Schrift zum Standard für ganz Hellas. Zwar dauerte es ein paar Jahrhunderte, bis die Nachricht in alle Ecken der griechischen Welt vorgedrungen war, trotzdem setzte sich die Einheitsschrift immer mehr durch. Das alte westgriechische Xi lebte schließlich nur noch im lateinischen Iks weiter. Übrigens: Das römische Zahlzeichen X (10) ist mit dem Buchstaben nicht verwandt. Es symbolisiert zwei gespreizte Hände, gibt also zweimal fünf Finger wieder. In den heutigen europäischen Sprachen kann man diesen ungewöhnlichen Buchstaben mittlerweile auf x-beliebige Arten hören. Dabei ist das Deutsche am konservativsten. Es hält sich an den alten lateinischen Laut iks. Im Englischen dagegen klingt das X zumeist (aber mit Ausnahmen) wie das S in Sand. Das Französische hat daraus ein gs gemacht und das Portugiesische ein sch. Eine Kuriosität am Rande: wie das X zum Symbol für eine unbekannte Größe geworden ist. Dieses X ist ein etwas stilisiertes Schreibkürzel für das Buchstabenpaar co, das wiederum eine Abkürzung des italienischen Wortes cosa (Sache) ist. Die italienischen Mathematiker der Renaissance haben damit den arabischen Fachausdruck schai (Sache, unbekannte Größe) übersetzt. Gebildete Deutsche des 19. Jahrhunderts kamen dann auf die Idee, diesen mathematischen Begriff auch in der Umgangssprache zu verwendenden: so für x-malig und zum x-ten Mal. Kein Wunder, daß Dr. Wilhelm Conrad Röntgen 1895 jene merkwürdigen Strahlen, die das Körpergewebe durchdringen können, zunächst als X-Strahlen beschrieb. Der Buchstabe Y Er wurde erst 88. v. Chr. ins lateinische Schriftsystem aufgenommen und fristet im deutschen Alphabet ein Dasein als Stiefkind. Doch lange Zeit galt das Zeichen als philosophischer "Buchstabe" Yankee ingenuity - die sprichwörtliche Findigkeit der Amerikaner - braucht man, um eine Liste deutscher Wörter zusammenzustellen, die mit einem Y anlauten. Auf diesen Anfangsbuchstaben trifft man so selten wie auf das Yttrium und das Ytterbium. Noch nie davon gehört? So heißen zwei der exotischesten chemischen Grundstoffe. Beide sind aluminiumähnliche Metalle und wurden von Wissenschaftlern einst in der Nähe der schwedischen Stadt Ytterby entdeckt - daher ihre Namen. Bei den Griechen bedeutete Ypsilon ein kahles bzw. kurzes ü. Das Zeichen wurde erst 88 v. Chr., zur Zeit des römischen Konsuls Lucius Cornelius Sulla, ins lateinische Schriftsystem aufgenommen. Deshalb sein Platz fast am Ende des Alphabets. Jahrhundertelang waren die Römer mühelos ohne ausgekommen; genau bis nun 2. Jahrhundert v. Chr. Damals wurde es Mode, sich der griechischen Sprache, Literatur und Philosophie zuzuwenden. Und immer mehr gebildete Römer taten dies. Folglich dauerte es nicht lange, bis das Lateinische vor lauter neuartigen Fremdwörtern mit einem Ypsilon nur so wimmelte - wie syllogismus , rhythmus und psyche. Weil es für diesen griechischen ü-Laut keine lateinische Entsprechung gab, schrieb man zunächst ein U oder I. Doch das stellte sich als unbefriedigender Notbehelf heraus, und man entschied sich dafür; das fremde Schriftzeichen zu übernehmen. Ganz nebenbei: Weil das Y so spät in das lateinische Alphabet Einzug hielt, wurde es nie ganz latinisiert. Das heißt: Im Gegensatz zu den anderen Buchstaben, die zugunsten eines lateinischen Kürzels ihre einstigen griechischen Namen eingebüßt hatten (z.B. a und be anstatt Alpha und Beta), behielt diese Spätlese ihre alte griechische Bezeichnung. Deshalb sagt man im Deutschen auch heute noch Ypsilon. Im lateinischen und im deutschen Alphabet hat das Y sein Dasein als Stiefkind nie ganz abschütteln können, dafür ließ es sich in den Kreisen der Philosophen jahrhundertelang um so stürmischer feiern: als gramma philosophon, zu deutsch: philosophischer Buchstabe. Der Grund dafür liegt in seiner harmonischen Form. Das gezweigte Y wurde nämlich als bildliche Darstellung der ParaIlelwege von Tugend und Laster auf der Straße des Lebens angesehen. Auch wenn das Y nicht zu den wichtigsten Schriftzeichen zählt, so gehört es doch einer großen, angesehenen Buchstabenfamilie an. Es ist nämlich eines der vier Schriftzeichen im modernen Alphabet die das phönizische waw als Urahn haben. Die Geschwister heißen U, V und W. Und weil jedes Zeichen im Alphabet einen eigenen Platz erhalten hat, könnte man ohne weiteres behaupten, das waw sei viermal übernommen worden. In solch konservativen Sprachen wie dem Deutschen und dem Lateinischen hat das Y nur in Fremdwörtern Anwendung gefunden, Doch andre Völker haben ihm eine viel größere Bedeutung eingeräumt. Im Schwedischen z.B. dient es seit jeher als normaler ü-Laut - wie in Ytterby und Yggdrasil (die Weltesche in der germanischen Mythologie). Im Englischen ist es mittlerweile zu einem viel gebrauchten Halbkonsonanten geworden. Das heißt: Es wird sowohl als Vokal benutzt wie in by, windy, day, und als Konsonant - dem deutschen Jähnlich- verwendet, wie in yes yammer (jammern) und yonder (dort drüben). Die Engländer nennen diesen nützlichen Buchstaben übrigens uei, und niemand kann genau erklären, weshalb. Geradezu unbegreiflich erscheint dieses Nonsens-Wort wenn man es mit dem logischen deutschen Ypsilon oder dem französischen i-grec (griechisches I) vergleicht. Des Rätsels Lösung liegt wahrscheinlich 700 Jahre zurück. Bis zu dieser Zeit artikulierten auch die Angehörigen der englischen Sprachfamilie ihr Y als ü-Laut, Doch allmählich verlernten die Engländer aus uns unbekannten Gründen die Fähigkeit, ihr ü korrekt auszusprechen. Schließlich ging der Laut ganz verloren. Und da ihn niemand mehr sprechen konnte, war es auch logisch, daß man seinen Namen nicht mehr richtig über die Lippen brachte. Aus dem einstigen ü entstand folglich ein uoi - oder ähnliches -, und daraus bildete sich schließlich ein uei. Und: “why not?” Der Buchstabe Z Bei den Griechen und Römern wurde er wenig genutzt. Dann entdeckten dieWestgermanen das Zeichen für sich und gaben ihm im Althochdeutschen gleich zwei Bedeutungen Zweitausenddreihundert Jahre sind ungefähr vergangen, seit der römische Zensor Appius Claudius Caecus den Buchstaben Z aus dem lateinischen Alphabet verbannte - für immer, wie er meinte. Quod dentes mortui, dum exprimitur, imitatur, nannte er als Grund Zu deutsch: Weil es, wenn man es spricht, an die Zähne eines Toten erinnert Dabei dachte er wahrscheinlich an den Gesichtsausdruck eines Römers beim Artikulieren des lateinischen Z, das damals als stimmhaftes S gesprochen wurde. Weil das Latein (wie auch das heutige Italienisch) temperamentvoll von den Lippen sprudelte, kann man sich vorstellen, wie das Volk bei dem vibrierenden Zischlaut mit den Zähnen fletschte. Ob das wirklich als Grund genügte, um den Buchstaben aus dem Alphabet zu entfernen, ist jedoch zweifelhaft. Heute vermuten die Linguisten, daß der beflissene, auf die Mundhygiene schielende Zensor wohl vielmehr festgestellt hatte, daß man das Z im damaligen Sprachgebrauch nicht mehr benötigte. Dies war übrigens das Resultat einer Lautverschiebung im Lateinischen, die im 4. vorchristlichen Jahrhundert gerade abgeschlossen war und in deren Verlauf der stimmhafte S-Laut durch ein Zungen-R ersetzt wurde. Altlateinische (deklinierte) Wörter wie flozem (Blume) und arbozem (Baurn) verwandelten sich dadurch in Florem und arborem. Damals bildete das Z allerdings keineswegs das Schlußlicht des Alphabets. Es stand vielmehr an siebter Stelle, wo ihm die Phönizier bei der Erfindung des Alphabets seinen Stammplatz zugewiesen hatten. Sie nannten das Zeichen Zajin (sprich: sajin) - zu deutsch: Waffe -,und auch die Semiten sprachen es als stimmhaftes S aus. Der Form nach erinnerte der Buchstabe an eine stehende Hantel: zwei Querbalken, die mit einem nach unten gehenden Strich verbunden waren. Es ist fraglich, ob das Bild wirklich eine Waffe darstellte. Denn manche Phönizier nannten das Schriftzeichen nicht Zajin, sondern Zajit (sprich sajit), ein semitisches Wort für Olive. Daraus kann man auch schließen, daß der Name dieses Buchstabens nur als Eselsbrücke für denLautwert diente und zur Form in keinerlei Beziehung stand. Die Griechen hatten das Zeichen als Zajit kennengelernt. Doch weil in ihrer Sprache das stimmhafte S fehlte (es kommt auch heute nur bei 27 Prozent der Sprachen dieser Welt vor), benutzten sie den semitischen Buchstaben, um einen einheimischen Laut - das sd - wiedergeben zu können und nannten ihn Sdeta. Im Verlauf einiger Jahrhunderte scheint die griechische Zunge offenbar immer bequemer geworden zu sein. Man verlernte die Aussprache des vertrauten sd, das Sdeta verwandelte sich schließlich in ein Zeta (sprich seta) und klang wie das phönizische Original. Zurück zu den Römern. Unter der Herrschaft des Diktators Lucius Cornelius Sulla wurde das Z um 80 v. Chr. zum zweiten Mal ins lateinische Alphabet aufgenommen. Diesmal sollte es - wie das Y auch - als Schreibhilfe dienen, damit gebildete Römer griechische Wörter, die damals gerade modern waren, leichter ins Lateinische übertragen konnten; Begriffe wie zona, zodiacus und Zeus. Da die Grammatiker jedoch längst vergessen hatten, dass das Z ein alter Bestandteil ihres Alphabets war, stellten sie den Heimkehrer nach hinten wo er bis heute geblieben ist. Somit war das Zeichen wieder ein fester Teil des römischen Alphabets geworden. Dennoch dümpelte es - von Fremdwörtern abgesehen - im Lateinischen jahrhundertelang ungenutzt vor sich hin. Bis die westgermanischen Stämme, die darangingen, seßhaft zu werden, das lateinische Alphabet im 8. Jahrhundert als Schrift für ihre althochdeutsche Sprache entdeckten. Sie gaben dem vernachlässigten Z gleich zwei ganz neue, für das Westgermanische maßgeschneiderte Bedeutungen: Am Wortanfang benutzten sie es, um das germanische ts - wie in zellen (zählen) und zan (Zahn)- wiederzugeben. Im Wortinneren dagegen diente es als scharfes S – wie beispielsweise bei wazzer (Wasser). Im heutigen Deutsch wird das Z nur noch als ts gebraucht. Damit gehört diese Sprache (wie auch die italienische) zu den wenigen Ausnahmen, die den letzten Buchstaben auf diese Weise artikulieren In den meisten anderen Sprachen, wie z.B. im Englischen, Französischen, Spanischen und Holländischen ist das Z dagegen der gleiche Laut geblieben, den der empfindliche Zensor Appius Claudius Caecus einst aus dem Alphabet verbannte. |
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2. Steg | ![]() |
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Im "Speichern unter"-Fenster wird der Projektordner aufgesucht.![]() | |
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Den vorgeschlagenen Dateinamen für die Unit ändern wir um in "hello"![]() |
3. Bundsteg | ![]() |
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Daraufhin meldet sich automatisch das "Speichern unter"-Fenster für das Projekt.![]()
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Das Projekt soll den Namen "hello_world" tragen.![]() |
4. Schusterjungen | ![]() |
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Ein Blick in den Dateimanager zeigt das vollständige Projekt.![]() |
5. Hurenkinder | ![]() |
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Ein Blick in den Dateimanager zeigt das vollständige Projekt.![]() |